Kein Beleg für Geldwäsche

Ukrainischer Krypto-Spendenaufruf lief unabhängig von offiziellen US-Geldern

06.12.2022, 15:32 (CET)

Die Ukraine hat schon zu Beginn des russischen Einmarschs dazu aufgerufen, Kryptowährung zu spenden. Doch mit den offiziellen Hilfen anderer Staaten ist die Initiative nicht verknüpft.

Finanzielle Unterstützung ist ein Teil der Ukraine-Hilfe vieler Länder. In sozialen Medien verbreitet sich allerdings seit einiger Zeit, dass ein Teil der US-Hilfen an die Ukraine angeblich an der Kryptowährungsbörse FTX angelegt worden sein soll. Dessen Gründer habe daraufhin Geld an die Demokratische Partei in den USA gespendet. Von «Spielchen der Geldwäsche» und einem «Missbrauch von US-Geldern durch die Selenskyj-Regierung mit FTX» ist etwa in einem Youtube-Video die Rede. Hat sich das so ereignet?

Bewertung

Es gibt keinen Beleg, dass ein solcher Missbrauch von offiziellen US-Hilfen stattgefunden hat. Die mittlerweile insolvente Kryptobörse FTX war an einem ukrainischen Projekt für private Spenden von Digitalwährung beteiligt. Auf der Plattform FTX wurde das Geld nur getauscht und nicht angelegt, teilen staatliche ukrainische Stellen sowie beteiligte Firmen mit.

Fakten

Kurz nach Beginn des russischen Angriffs gab der ukrainische Vize-Ministerpräsident und Digitalminister Mychaijlo Fedorow im März 2022 eine neue Spendenaktion bekannt: Auf einer speziellen Webseite des Ministeriums wurde dazu aufgerufen, Kryptowährung an die Ukraine zu spenden.

Unter anderem unterstützten das Blockchain-Unternehmen Everstake, die ukrainische Kryptobörse Kuna sowie die US-amerikanische Kryptobörse FTX die Initiative. Der Aufruf zu spenden galt Privatleuten in aller Welt. Über die kooperierenden Börsen sollte das gespendete Kryptogeld in konventionelle Währung umgetauscht werden können. Angelegt oder gelagert wurden Spendengelder nach Angaben von Everstake nicht bei FTX. Es seien dort nur wenige Male im März 2022 Krypto-Spenden gewechselt worden.

Das bestätigte auch die staatliche Spendenkampagne «Aid for Ukraine». Der stellvertretende ukrainische Minister für digitale Transformation, Alex Bornyakow, sagte ebenfalls, dass die Ukraine keine Spendengelder bei FTX investiert habe. Ähnlich äußerte sich der Gründer der ukrainischen Kryptobörse Kuna, Michael Tschobanian. Er bezeichnete die Behauptungen über angeblich missbräuchlich verwendetes Krypto-Spendengeld als «Verschwörung».

Die Zahlungen von offiziellen US-Hilfsgeldern laufen nicht über die Spendenplattform. In einer aktuellen Pressemitteilung der staatlichen US-Hilfsorganisation Usaid zu weiteren Ukraine-Hilfen ist etwa die Rede davon, dass die Gelder über die Weltbank zur Verfügung gestellt werden. «Robuste Schutzvorkehrungen, eingesetzt von der Weltbank, kombiniert mit unabhängigen Experten, die von Usaid finanziert die ukrainische Regierung beim Monitoring unterstützen, garantieren die Verantwortlichkeit und Transparenz bei der Verwendung dieser Gelder», heißt es in der Mitteilung.

Bankman-Fried spendete an Parteien

Der Gründer von FTX, Sam Bankman-Fried, ist tatsächlich Parteienspender. Nach eigenen Angaben spendete er nicht nur an die Demokraten, sondern auch an republikanische Kandidaten während der Vorwahlen für die Zwischenwahlen (Midterms) in den USA im November 2022. Ein Bericht des US-Mediums «Axios» und eine Spendenauflistung der zivilgesellschaftlichen Organisation «Open Secrets» zeigen, dass die Spenden von Bankman-Fried in erster Linie an die Demokraten ging und nur ein kleiner Teil an Republikaner.

Anfang November meldete FTX, einer der größten Handelsplätze für Digitalwährungen, Insolvenz an. Die Plattform war in Zahlungsschwierigkeiten geraten, nachdem Kunden Zweifel an den Kapitalreserven hatten und Gelder in Milliardenhöhe abzogen. Das Unternehmen steht laut der Wertpapieraufsicht der Bahamas unter anderem unter Verdacht, Kundengelder veruntreut zu haben. Dem «Axios»-Bericht zufolge werden nun untersucht, woher das Geld komme, das Bankman-Fried gespendet habe.

(Stand: 5.12.2022)

Links

Tweet des ukrainisches Vizepremiers Mychaijlo Fedorow (archiviert)

Archivansicht der mittlerweile nicht mehr aufrufbaren Kryptogeld-Spendenseite

Stellungnahme des Unternehmens Everstake auf Twitter (archiviert)

Stellungnahme der Kampagnenseite «Aid for Ukraine» auf Twitter (archiviert)

Stellungnahme des Vizeministers für digitale Transformation auf Twitter (archiviert)

Tweet des Kuna-Gründers Michael Tschobanian (archiviert)

Pressemitteilung von Usaid zu Ukraine-Hilfen (archiviert)

Tweets des FTX-Gründers zu politischen Spenden (archiviert)

Bericht von «Axios» über politische Spenden von Sam Bankman-Fried (archiviert)

Spendenauflistung von «Open Secrets» (archiviert)

dpa-Meldung über Insolvenz von FTX, veröffentlicht von «Sueddeutsche.de» (archiviert)

Youtube-Video mit der Behauptung (archiviert)

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