Rechte Demonstration

Tausende Teilnehmer ist Übertreibung - Polizei geht von etwa 1200 aus

2.12.2022, 12:03 (CET)

Immer wieder schmückt sich die Kleinstpartei Freie Sachsen mit einer hohen Teilnehmerzahl nach Demos. So sollen Ende November in Leipzig mehrere Tausend Menschen mitmarschiert sein. Das stimmt jedoch nicht.

Unter starkem Gegenprotest haben sich am 27. November 2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Demonstranten unter dem Motto «Ami go home» («Ami geh nach Hause») versammelt. Veranstalter der Proteste in der Nähe des US-Generalkonsulats waren unter anderem die rechtsextreme Splitterpartei Freie Sachsen sowie das rechtsextreme Magazin «Compact». Im Nachhinein sprechen die Veranstalter von mehreren Tausend beziehungsweise mehr als 6000 Teilnehmern. Doch die Zahl ist viel zu hoch gegriffen.

Bewertung

Die Polizei geht von gut 1200 teilnehmenden Menschen aus.

Fakten

Es ist nicht das erste Mal, dass die Kleinstpartei Freie Sachsen ihre Proteste größer aussehen lassen will, als sie es tatsächlich waren. Schon Anfang 2022 verbreitete die vom sächsischen Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestufte Gruppe übertriebene Falschangaben über angebliche Teilnehmerzahlen an ihren Corona-Demonstrationen (hier, hier, hier oder hier).

Im aktuellen Fall sprechen die Freien Sachsen sowie das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestufte «Compact»-Magazin ohne jegliche Belege auf Zählweise oder Messmethodik von mehreren Tausend Demonstranten in Leipzig.

Allerdings ist auch das viel zu hoch gegriffen. Die Polizei in Sachsen gibt an, dass zu Versammlungsbeginn gegen 16 Uhr Menschen «in einer hohen dreistelligen Anzahl» vor Ort gewesen seien - und damit deutlich weniger als die zuvor angemeldeten 15 000. Etwa zwei Stunden später, als sich die Demonstranten vom Simsonplatz aus in Bewegung setzen, ist demnach die Anzahl auf etwa 1200 angewachsen.

Das Landespolizeipräsidium in Sachsen hatte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bereits im Februar mitgeteilt, dass die Schätzungen der Polizei «lediglich unter polizeitaktischen Gesichtspunkten zur Lagebeurteilung» vorgenommen würden. Demnach wird zunächst die Fläche geschätzt, auf der die Protestierenden stehen. Danach werde die Zahl der Anwesenden überschlagen. Bei kleineren Veranstaltungen mit nur wenigen Teilnehmern werde konkret durchgezählt.

In Leipzig versuchten Gegendemonstranten, die Teilnehmer der rechten Proteste unter anderem mit Sitzblockaden aufzuhalten - was ihnen auch teilweise gelang. Die rechte «Ami go home»-Demonstration musste der Versammlungsleiter nach Behördenangaben vorzeitig beenden.

Die Polizei hat mehr als 40 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Gründe dafür seien unter anderem Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Straftaten gegen Polizeibeamte, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Nötigungen, Beleidigungen oder das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gewesen.

(Stand: 2.12.2022)

Links

Polizei Sachsen über Teilnehmer an «Ami go home»-Demonstration (archiviert)

Polizei Sachsen über Ermittlungen nach Demonstrationen (archiviert)

dpa-Faktenchecks zu übertriebenen Teilnehmerzahlen: hier, hier, hier und hier

Landesverfassungsschutz Sachsen über Freie Sachsen (archiviert)

Bundesverfassungsschutz u.a. über «Compact»-Magazin (archiviert)

Rechtsextremes «Compact»-Magazin mit übertriebenen Teilnehmerzahlen (archviert)

Rechtsextreme Freie Sachsen mit übertriebenen Teilnehmerzahlen (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.