Swastika und Hakenkreuz

Indisches Magazin-Cover mit Selenskyj-Karikatur ist Fake

11.11.2022, 12:42 (CET)

Eine vermeintliche Entnazifizierung der Ukraine wird von Russland als Vorwand für den Einmarsch in das Nachbarland benutzt. Im Zusammenhang mit dieser Propaganda-Behauptung über die Regierung in Kiew wird nun ein angebliches Cover des indischen Magazins «Vikatan» lanciert. Darauf ist eine Karikatur des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu sehen, der ein Hakenkreuz mit der hinduistischen Swastika übermalt.

Bewertung

Dieses «Vikatan»-Cover existiert nicht.

Fakten

Die in den 1920ern gegründete Vikatan-Gruppe ist ein Medienunternehmen mit Sitz im südindischen Chennai (Bundesstaat Tamil Nadu), das eigenen Angaben zufolge mehrere tamilische Zeitschriften herausbringt - vor allem im Bereich Unterhaltung. Das Aushängeschild «Ananda Vikatan» (teilweise auch nur «Vikatan» genannt) gilt nach Unternehmensangaben als das führende Wochenmagazin in tamilischer Sprache.

In sozialen Medien verbreitet sich das Titelblatt einer vermeintlichen «Ananda Vikatan»-Spezialausgabe vom 31. Oktober 2022. Darauf soll Selenskyj im Angesicht des neuen britischen Premierministers Rishi Sunak, der Vorfahren aus Indien hat, ein Hakenkreuz mit der hinduistischen Swastika übermalen. In den Mund gelegt werden ihm dabei auf Hindi die Sätze: «Wer ist Nazi? Wir sind Fans der indischen Kultur.»

Die augenscheinlichste Ungereimtheit: Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum auf einer tamilischen Zeitschrift Sätze in einer anderen Sprache auftauchen sollen.

Es ist ganz einfach: Dieses Titelblatt ist nie erschienen. Auf der Liste der Magazine, welche die Vikatan-Gruppe jüngst herausgegeben hat, ist ein solcher Titel nicht zu finden. Im ganzen Jahr gab es keine «Ananda Vikatan»-Ausgabe, die irgendeine Karikatur auf dem Cover hatte, auch nicht am 31. Oktober. Vielmehr sind in der Regel Prominente aus Indien abgebildet. Weder Selenskyj noch Sunak waren auf einem der bisher in Oktober und November veröffentlichten Titelblätter zu sehen.

Die Vikatan-Gruppe bewirbt ihre Magazine intensiv über verschiedene sozialen Kanäle. Doch weder auf Facebook (hier oder hier), noch auf Twitter (hier und hier) oder Instagram (hier oder hier) ist das vermeintliche Selenskyj-Cover zu finden.

Vor allem auf pro-russischen Telegram-Accounts wie etwa diesem oder diesem wird das gefälschte «Ananda Vikatan»-Cover massiv herumgereicht.

Was könnte der Hintergrund für die Verbreitung sein? Offenbar soll gezeigt werden, dass auch in Indien die Ansicht verbreitet sei, in Kiew seien Rechtsradikale an der Macht. Die Regierung in Neu Delhi selbst positioniert sich allerdings beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine neutral, weil das Land enge Beziehungen zum Westen und zu Russland hat.

In Indien ist die Swastika nach wie vor eines der häufigsten Glückssymbole. Die Hindus verwenden das Sonnenzeichen etwa auf offiziellen Dokumenten, in Tempeln, auf Schwellen und Türen sowie für Opfergaben.

Anfang des 20. Jahrhunderts übernahmen völkische und antisemitische Organisationen in Europa das Zeichen. Adolf Hitler machte das Hakenkreuz zum Symbol seiner Partei und später Nazi-Deutschlands. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs wird das Hasszeichen außerhalb Asiens besonders von antisemitischen und rassistischen Gruppierungen verwendet.

(Stand: 10.11.2022)

Links

Vikatan-Gruppe auf Facebook (archiviert)

Vikatan EMagazine auf Facebook

Vikatan auf Twitter

«Ananda Vikatan» auf Twitter

Vikatan EMagazine auf Instagram

«Ananda Vikatan» auf Instagram

Vikatan-Gruppe über sich selbst auf LinkedIn (archiviert)

Übersetzung der Hindi-Sätze (archiviert)

Vikatan-Magazinliste (archiviert)

«Ananda Vikatan» Oktober-Ausgaben (archiviert)

«Ananda Vikatan» November-Ausgaben (archiviert)

Fake-Cover auf pro-russischem Telegram-Account (archiviert)

Fake-Cover auf pro-russischem Telegram-Account (archiviert)

«FAZ»-Artikel über Beziehungen Indien-Russland, kostenpflichtig (archiviert)

Anti-Defamation League über Hakenkreuz (archiviert)

Encyclopedia Britannica über Swastika (archiviert)

Tweet mit Falschbehauptung (archiviert)

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