Gefälschter Brief

Vorschriften für Polizei in NRW sind frei erfunden

28.10.2022, 11:48 (CEST), letztes Update: 28.10.2022, 11:52 (CEST)

Straftaten von Flüchtlingen vertuschen - dies wird der Polizei in NRW in einem Brief unterstellt, der in den sozialen Medien kursiert. Doch dabei handelt es sich um eine mehrere Jahre alte Fälschung.

Vor über fünf Jahren erschien die gefälschte Anweisung für die Polizei in Nordrhein-Westfalen erstmals in den sozialen Medien. Das Dokument «regelt die Handlungen» der Beamten «gegenüber Flüchtlingen, Asylbewerbern und Personen mit Migrationshintergrund», heißt es in dem angeblichen Anschreiben des dreiseitigen Papiers. Der Polizei wird darin unter anderem vorgeworfen, Straftaten von Flüchtlingen nicht zu verfolgen. Zitate, Teile oder auch die vollständige Fälschung werden weiterhin im Internet verbreitet.

Bewertung

Das Schreiben ist gefälscht. Minister Herbert Reul bestätigt, «selbstverständlich keine 'Vorschriften zur Verhaltensweise der Polizeibeamten des Landes Nordrhein-Westfalen' unterschrieben» zu haben.

Fakten

Bei dem vermeintlichen Schreiben des CDU-Innenministers handelt es sich um «ein frei erfundenes Schriftstück», wie das Ministerium bereits am Tag der Veröffentlichung, dem 15. August 2017, in einem Tweet klarstellte.

Einen Tag später äußerte sich der Minister sowohl bei Facebook als auch in einer offiziellen Pressemitteilung: «Diese perfide Fälschung führt uns erneut vor Augen, wie dreist geistige Brandstifter Stimmung gegen Ausländer machen.» Reul könne die Bürgerinnen und Bürger nur bitten, auf derartige Propaganda nicht hereinzufallen.

Das gefälschte Dokument wurde auf der Seite «homment.com» veröffentlicht. Laut eigenen Angaben können Nutzer Seiten erstellen, die der Betreiber inhaltlich nicht überprüft. Der Beitrag wurde inzwischen durch eine Warnung ersetzt: «Zu dem ursprünglich hier veröffentlichtem Post teilt der NRW Innenminister Herbert Reul mit: Es handelt sich um Fakenews.» Darüber berichtete die Deutsche Presse-Agentur zuletzt im August 2019 in einem Faktencheck.

Der Urheber des Dokuments ist nicht bekannt. Der Staatsschutz des Polizeipräsidiums Düsseldorf ermittelte damals aufgrund des Verdachts der Urkundenfälschung und Verleumdung gegen Unbekannt. «Im Rahmen der Ermittlungen konnte kein Täter ermittelt werden, so dass das Verfahren durch die zuständige Staatsanwaltschaft Düsseldorf eingestellt wurde», sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums im Oktober 2022 auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Der Fall wurde auch im Verfassungsschutzbericht 2017 des NRW-Innenministeriums zum thematischen Schwerpunkt «Rechtsextremismus im Internet» aufgegriffen. Oftmals seien rechtsextremistische Inhalte nicht auf den ersten Blick zu erkennen, heißt es in dem Bericht. So soll eine große Gruppe von Personen angesprochen werden, «ohne diese mit allzu offensichtlicher extremistischer Propaganda zu verschrecken».

Das gefälschte Schreiben wurde mehrfach in den sozialen Medien geteilt «und als Beleg für die vermeintliche Vertuschung von Problemen mit Flüchtlingen oder Menschen mit Migrationshintergrund genutzt», so der Bericht.

(Stand: 28.10.2022)

Links

Facebook-Beitrag (archiviert)

Tweet Innenministerium NRW (archiviert)

Facebook-Beitrag Minister Reul (archiviert)

Pressemitteilung Innenministerium NRW (archiviert)

Dokument bei homment.com (archiviert am 15.08.2017)

Aktualisierter Beitrag bei homment.com (archiviert)

Beschreibung hommet.com (archiviert)

dpa-Faktencheck August 2019

Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen 2017 (archiviert)

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