Ukrainekrieg

Deutsche Finanzhilfen für Kiew weitaus geringer als behauptet

21.10.2022, 15:28 (CEST)

Um die vom Krieg gebeutelte Ukraine zu unterstützen, fließen seitens der EU finanzielle Hilfen nach Kiew. Auch Deutschland ist dabei Geldgeber - aber in ganz anderem Umfang als behauptet.

Während die Ukraine unter dem russischen Angriffskrieg leidet, unterstützen westliche Staaten auch mit Finanzhilfen. «200 Milliarden deutsches Steuergeld» seien nach Kiew geflossen, heißt es in einem Beitrag bei Facebook. Diese Summe fehle hierzulande deutschen Rentnern, Betrieben und Schulen, wird kritisiert. Stimmt diese Zahl überhaupt?

Bewertung

Falsch. 200 Milliarden Euro sind deutlich zu hoch gegriffen. Die Zahl stammt offenbar aus anderen Zusammenhängen.

Fakten

Im Zeitraum nach der Annexion der Krim 2014 und dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine 2022 habe «kein anderer Staat die Ukraine finanziell so stark unterstützt wie Deutschland», heißt es in der Antwort des Bundesregierung auf eine AfD-Anfrage. Die in den acht Jahren überwiesenen Finanzmittel Deutschlands werden darin mit insgesamt etwa zwei Milliarden Euro beziffert.

Die sieben führenden Industriestaaten (G7) greifen der Ukraine finanziell massiv unter die Arme: Für dieses Jahr hat die internationale Staatengemeinschaft insgesamt 33,3 Milliarden Dollar zugesagt. Mit Abstand größter Geldgeber sind die USA. Deutschland steuert laut Bundesfinanzministerium unter den EU-Staaten die größte Summe bei - insgesamt 1,4 Milliarden Euro.

Zudem fließen Hilfen über die Europäische Union. Nach Angaben des Ukraine Support Tracker vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel hat Deutschland die Ukraine auf diesem Weg seit Kriegsbeginn mit weiteren 3,38 Milliarden Euro unterstützt. Hinzu kommen direkte Zahlungen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro.

Die im Posting in falschem Zusammenhang verbreitete Zahl von 200 Milliarden könnte auf zwei Quellen zurückzuführen sein: Zum einen prognostizierte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, in der «WirtschaftsWoche», der Krieg in der Ukraine könne die deutsche Wirtschaft bis zu 200 Milliarden Euro kosten.

Zum anderen machte der Bundestag am 21. Oktober den Weg für die Finanzierung der geplanten Energiepreisbremsen und Unternehmenshilfen frei, um Verbraucher und Unternehmen wegen der stark steigenden Energiepreise zu unterstützen. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, ein Sondertopf außerhalb des Bundeshaushalts, darf nun Schulden von bis zu 200 Milliarden Euro aufnehmen.

(Stand: 20.10.2022)

Links


Antwort der Bundesregierung auf AfD-Anfrage (archiviert)

dpa-Text bei der "FAZ" zu Finanzhilfen (archiviert)

Ukraine Support Tracker vom Institut für Weltwirtschaft (archiviert)

Daten zu Hilfen für Ukraine beim "Tagesspiegel" (archiviert)

"Wiwo"-Bericht mit Prognose des DIW-Präsidenten (archiviert)

Bundesregierung zum 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm (archiviert)

Beitrag bei Facebook (archiviert)

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