Grenzen falsch gezogen

Screenshot aus ZDF-Sendung manipuliert: Diese Karte wurde nie gesendet

13.10.2022, 17:44 (CEST)

Russland will sich rechtswidrig Gebiete im Osten der Ukraine einverleiben. Neue Grenzen seien dabei noch nicht gezogen worden, bestätigt auch die russische Seite. Trotzdem werden in den sozialen Medien erfundene Landkarten geteilt.

In den sozialen Netzwerken kursiert ein vermeintlicher Screenshot aus einer ZDF-Sendung. Darauf ist eine Landkarte zu sehen, die die unterbrochene Strom- und Wasserversorgung in vielen Städten der Ukraine zeigt. Bei genauerem Blick verläuft dabei die Grenze zu Russland anders, als sie sein sollte.

Bewertung

Der Screenshot wurde manipuliert. Das ZDF hat so eine Karte nie ausgestrahlt.

Fakten

Das ZDF hat in einem Statement beim Kurznachrichtendienst Twitter darauf hingewiesen, dass der Screenshot aus der Sendung «heute journal» vom 10. Oktober 2022 manipuliert worden sei. «Diese Karte ist nie gesendet worden», erklärte der Sender. In der Originalsendung wurde an der Stelle ein Bild eingeblendet, auf dem das Schild des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den Gaslecks an den Gaspipelines zu sehen ist (hier ab Minute 12:45).

Grenzen der dargestellten Ukraine-Karte sind falsch

Die auf dem manipulierten Bild gezeigte Karte stellt außerdem die Grenzen der Ukraine falsch dar. Dort sind die Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja im Osten der Ukraine nicht mehr Teil des Landes. In diesen Gebieten hatte der russische Präsident Wladimir Putin Ende September Scheinreferenden durchführen lassen. Sie sollten als Beleg für die Rechtmäßigkeit der Annexion der jeweiligen Region gelten. Diese Abstimmungen werden jedoch völkerrechtlich als nicht zulässig angesehen und von vielen Ländern nicht anerkannt.

Die UN-Vollversammlung hat die völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands in der Ukraine mit einer historischen Mehrheit verurteilt. 143 der 193 Mitgliedsstaaten stimmten am Mittwoch, 12. Oktober 2022, im größten Gremium der Vereinten Nationen für eine entsprechende Resolution. Der Beschluss ist völkerrechtlich zwar nicht bindend, zeigt aber die klare internationale Isolation Moskaus.

Die vermeintliche Grenzverschiebung, wie sie auf der angeblichen ZDF-Karte dargestellt wird, ist selbst von Russland so nicht definiert worden. Putin hat zwar ein Gesetz unterschrieben, dass die vier Regionen formal annektiert. Die russische Regierung hat aber noch nicht von einer «offiziellen neuen Landkarte der Ukraine» gesprochen. Putins Sprecher Dmitri Peskow ließ verlauten, dass die russische Regierung noch genau bestimmen muss, wie die neuen Grenzen verlaufen sollen.

Gleiches Vorgehen wie bei der Krim

2014 hat Russland bereits die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Damals wurde auch dort ein Scheinreferendum durchgeführt, das die Legitimation für eine Annexion darstellen sollte. Die große Mehrheit der Bevölkerung soll angeblich für eine Zugehörigkeit zu Russland gestimmt haben. Weder die Ukraine noch die EU erkennen die Annexion der Halbinsel an.

Doch wie entstehen Staatsgrenzen?

Die meisten aktuellen Grenzen sind historisch auf der Basis von Verträgen zwischen Ländern oder auf der Grundlage geologischer Grenzen wie Flüsse und Gebirgszüge entstanden. Doch auch hier ist eine gegenseitige Anerkennung wichtig.

Die Länder arbeiten in der Regel gemeinsam einen Vertrag über die Landesgrenzen aus. Das haben auch Russland und die Ukraine getan: In einem Vertrag legten sie die Grenze zwischen den beiden Ländern fest. Dieses Dokument wurde auch den Vereinten Nationen vorgelegt.

Es ist zwar möglich, Grenzen zu verschieben und über Land zu verhandeln, wie ein Beispiel zwischen den Niederlanden und Belgien zeigt. Dazu ist jedoch ein Abkommen erforderlich.

(Stand: 13.10.2022)

Links

ZDF-Tweet zu dem Fake (archiviert)

Youtube-Video der Sendung vom 10.10.2022 (archiviert)

Zu den Scheinreferenden in der Ostukraine (archiviert)

Scheinreferenden verstoßen gegen Völkerrecht (archiviert)

EU-Statement zu Krim-Annexion (archiviert)

UN-Vollversammlung positioniert sich zur Annexion (archiviert)

Russland zu neuen Grenzen nach der Annexion (archiviert)

Wie werden Staatsgrenzen definiert? (archiviert)

Grenzvertrag zwischen Russland und Ukraine (archiviert)

Grenzverhandlungen zwischen den Niederlanden und Belgien (archiviert)

Beitrag bei Facebook (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.