Alter Fall

Falsche Übersetzung macht aus Einzeltäter «die Ukraine»

6.10.2022, 14:26 (CEST)

Übersetzungstools ermöglichen es, im Internet auch fremdsprachige Texte zu lesen. Doch manchmal sind sie so fehlerhaft, dass sie zur Verbreitung von Falschinformationen beitragen.

Russische Propaganda stellt die Ukraine immer wieder als korrupten und kriminellen Staat dar. Angebliche Belege dafür kursieren auch unter deutschen Nutzern in sozialen Medien. So auch der Screenshot eines Artikels mit dem Logo der britischen Boulevard-Zeitung «Daily Mail». Dort heißt es: «Amerikanische Staatsanwälte werfen der Ukraine vor, den größten bekannten Kinderpornografie-Ring der Welt betrieben zu haben.» Das Blatt soll das schon im Juni 2012 berichtet haben. Was ist dran?

Bewertung

Die Überschrift des Artikels ist falsch übersetzt. Der Vorwurf galt nicht «der Ukraine», sondern einem ukrainischen Staatsbürger. Er wurde mittlerweile in den USA zu 30 Jahren Haft verurteilt.

Fakten

Der Screenshot zeigt einen mehr als zehn Jahre alten Artikel: Im Juni 2012 berichtete die britische «Daily Mail», Bundesanwälte aus dem US-Bundesstaat New Jersey hätten Anklage gegen einen ukrainischen Staatsbürger erhoben. Der Vorwurf: Er habe mit Aufnahmen von Kindesmissbrauch gehandelt. Die Anklage wurde in New Jersey geführt, weil dort Männer ausfindig gemacht wurden, die Kunden der Plattform mit den Missbrauchsdarstellungen waren.

Im Original heißt es in der englischen Überschrift «American prosecutors charge Ukrainian with operating the world's largest-known child pornography ring» - auf Deutsch: Amerikanische Staatsanwälte werfen Ukrainer vor, den größten bekannten Kinderpornografie-Ring der Welt betrieben zu haben. Übersetzt man die Überschrift allerdings automatisch mit Hilfe des Google-Übersetzers, schleicht sich ein Fehler ein. Nun steht dort: «Amerikanische Staatsanwälte werfen der Ukraine vor, (...).» Aus einem Ukrainer wird also fälschlicherweise die Ukraine.

Der Mann, um den es in dem Fall ging, wurde im Jahr 2014 in den USA zu 30 Jahren Haft verurteilt.

(Stand: 4.10.2022)

Links

Artikel von Juni 2012 in der «Daily Mail» (archiviert)

Darstellung der falschen Übersetzung

Mitteilung der US-Einwanderungs- und Zollbehörde ICE über Auslieferung und Anklage des ukrainischen Täters (archiviert)

Bericht über die Verurteilung des Täters (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert und Screenshot alleine)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.