Zeitung imitiert

Artikel über angeblichen Unfall in Berlin ist gefälscht

02.09.2022, 09:00 (CEST)

Viele Desinformationskampagnen sind eher plump. Doch manchmal machen sich Fälscher auch mehr Mühe: Derzeit verbreiten täuschend echt nachgeahmte Medienwebseiten Falschmeldungen im Netz.

Mit viel Aufwand haben Fälscher den Online-Auftritt der «Bild» nachgeahmt. Dort wird der Eindruck erweckt, die Boulevard-Zeitung habe eine Meldung über einen Unfall veröffentlicht - mit dem Titel: «Ein Teenager wird in Berlin wegen Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung getötet».

Bewertung

Der Artikel ist gefälscht. In Berlin ist kein Radfahrer wegen fehlender Straßenbeleuchtung umgekommen.

Fakten

Links auf der gefälschten Seite leiten zur echten «Bild»-Seite weiter, um die Fälschung zu verschleiern. Sogar das Impressum der «Bild» ist auf der gefälschten Seite verlinkt. Doch weder der Inhalt des Artikels noch dessen angegebener Urheber stimmen:

  • Den Unfall gab es nicht. Die Polizei Berlin teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit: «In Berlin ist in diesem Jahr bisher gar kein Jugendlicher bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Einen tödlichen Verkehrsunfall in der Sulzfelder Straße gab es auch nicht.» Auch gibt es Berlin derzeit keinen Entschluss, die Straßenbeleuchtung in der Nacht auszuschalten.
  • Das Material aus dem Video zur gefälschten Nachricht stammt offensichtlich von anderen Unfallmeldungen, die zusammengeschnitten wurden. Bei Minute 0:34 ist ein Polizeiauto zu sehen - mit dem Nummernschild von Hannover. Bei einem Unfall in Berlin eher unwahrscheinlich.
  • Der Artikel wurde unter der URL «wvw.bild.vip» veröffentlicht. Echte «Bild»-Artikel finden sich unter «www.bild.de».
  • Auf bild.de ist der Artikel nicht zu finden, auch nicht, wenn man zur Suche den Namen des angeblichen Autors ergänzt - dieser war zum Zeitpunkt, als die gefälschte Meldung erschienen sein soll, als Kriegsreporter in der Ukraine aktiv. Auffällig ist auch, wie in dem Text die Nachricht mit kommentierenden Sätzen zum Schluss vermischt ist. Der Springer-Verlag teilte der dpa mit, dass es sich eindeutig um eine Fälschung handele.

Nach Recherchen von T-Online und dem ZDF ist die gefälschte Website Teil einer größeren Kampagne pro-russischer Akteure, die gezielt Desinformationen in sozialen Netzwerken und vor allem auf Facebook verbreiten. Es wurden von weiteren deutschen Medien Artikel gefälscht, dazu sollen auch zahlreiche gefälschte Accounts erstellt worden sein, die die Imitationen verbreiten. Das Bundesinnenministerium ist beunruhigt über die Fälschungen und sagte der dpa: «Wir haben mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass über Fakeaccounts in bestimmten sozialen Medien täuschend echt aussehende, allerdings gefälschte Webauftritte von etablierten Nachrichtenseiten verlinkt werden.»

(Stand: 2.9.2022)

Links:

Gefälschte Website (archiviert)(gefälschtes Video archiviert)

Google-Suche nach Artikel (archiviert)

Suche bei bild.de (archiviert)

Suche nach angeblichen Autoren (archiviert)

Tweet (archiviert)

T-Online (archiviert)

ZDF (archiviert)

dpa-Meldung bei Handesblatt (archiviert)

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