Trotz Immunreaktion sind nach Impfungen Infektionen möglich

Die Corona-Impfung sorgt noch immer für Diskussionen im Netz. Dass sie vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen, eine Infektion hingegen nicht sicher verhindern kann, macht sie für einige verdächtig. Im Netz wird nun behauptet, dass Impfungen per Definition stets vor einer Infektion schützen. Ergo sollte man beim Coronavirus-Wirkstoff nicht von Impfung sprechen. Stimmt das?

Bewertung

Impfstoffe sind Präparate, durch die eine Immunreaktion gegen einen bestimmten Krankheitserreger stimuliert wird. Diese Definition findet sich in mehreren Nachschlagewerken. Wie die Corona-Impfstoffe schützt beispielsweise auch die BCG-Impfung gegen Tuberkulose eher vor schweren Krankheitsverläufen als vor einer Infektion.

Fakten

Bei Impfstoffen unterscheidet man laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zwischen aktiven und passiven Impfstoffen. Während passive aus Antikörpern bestehen, die direkt ins Blut gegeben werden, werden bei aktiven Impfstoffen Mikroorganismen, also Viren oder Bakterien, in einer abgeschwächten (attenuierten) Form in den Körper gebracht. So reagiert das körpereigene Abwehrsystem darauf und kann bei einer tatsächlichen Infektion gegen den Erreger ankämpfen.

Verschiedene Definitionen der Impfung in Wörterbüchern

Das ist auch die Definition der Impfung im englischsprachigen Wörterbuch Merriam Webster, sie lautet wie folgt: «Ein Präparat, das verabreicht wird, um die körpereigene Immunreaktion gegen einen bestimmten Erreger oder eine bestimmte Krankheit zu stimulieren.»

In einem medizinischen Fachwörterbuch heißt es ebenfalls, die Impfung sei die Verabreichung von Impfstoffen zur Stimulierung der Immunreaktion. Das digitale Wörterbuch der deutschen Sprache definiert «Impfung» als das Verabreichen oder Injizieren eines Impfstoffes, um Immunität gegen eine Krankheit zu erzeugen.

In keinem der drei Nachschlagewerke wird explizit erwähnt, dass eine Impfung zwangsläufig zu einem Schutz vor einer Infektion führen muss. Der Wunsch nach einem perfekten Schutz ist nachvollziehbar, doch den gibt es so gut wie nie. «Es gibt in der Medizin keine 100 Prozent. Das kann man nicht oft genug wiederholen», sagte der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, im Interview mit ntv.

Nicht alle Impfstoffe schützen vor Infektion

Auf der Website des Robert-Koch Instituts (RKI) heißt es: Die in Deutschland zugelassenen Corona-Impfstoffe böten eine gute Wirksamkeit von etwa 75 Prozent gegen eine symptomatische Infektion mit der Delta-Variante des Corona-Virus. Gegen eine schwere Covid-19-Erkrankung - etwa mit Behandlung im Krankenhaus - wiesen sie hingegen eine sehr hohe Wirksamkeit von etwa 90 Prozent auf. Das bedeutet, wenn sich ein Mensch nach der Grundimmunisierung mit dem Virus infiziert hat, würde er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht schwer erkranken. Die Grundimmunisierung beinhaltet zwei Impfstoffdosen in festgelegten Zeitabständen.

Bei der Omikron-Variante weisen die Daten laut RKI zwar auf einen geringeren Schutz hin, der jedoch durch eine Auffrischungsimpfung wieder verbessert werden kann. Nach einer Auffrischimpfung sei die Wirksamkeit gegen schwere Erkrankungen dann erneut hoch.

Neben der Corona-Impfung gibt es auch andere, die vor einem schweren Krankheitsverlauf, nicht aber unbedingt vor der Infektion an sich schützen. Dies ist nach Angaben des RKI etwa bei der sogenannten BCG-Impfung gegen Tuberkulose der Fall.

Man habe diese in Deutschland bis Ende der 90er-Jahre standardmäßig bei Säuglingen durchgeführt, obwohl sie die Kinder nicht vor einer Tuberkuloseinfektion an sich schützte. Die Impfung konnte aber die schlimmsten Tuberkulose-Komplikationen mit Befall des ganzen Körpers und Gehirns verhindern. Inzwischen sei sie aber vor allem wegen der vergleichsweise geringen Erkrankungswahrscheinlichkeit als Regelimpfung aufgegeben worden.

(Stand: 30.8.2022)