Bilder aus dem Weltraum
Bearbeitung macht Teleskopaufnahmen erst sichtbar
26.8.2022, 16:03 (CEST)
Strahlende Sterne, leuchtende Planeten, bunte Nebel: Das Weltall wird auf Bildern als mystischer Ort mit vielen Farben dargestellt. Wenn die Wissenschaft solche Bilder präsentiert, dann gibt es eigentlich kaum eine Möglichkeit deren Echtheit zu überprüfen. Vor allem nach Veröffentlichungen von Aufnahmen des Webb-Teleskops wird über Manipulationen spekuliert. In den sozialen Medien wird behauptet, dass die Metadaten eines Bildes beweisen würden, dass die Aufnahme gefälscht ist. Aber ist das tatsächlich die richtige Schlussfolgerung?
Bewertung
Es ist gängige Praxis in vielen wissenschaftlichen Disziplinen, Ergebnisse mit Hilfsmitteln besser verständlich oder sichtbar zu machen. Diese Methodik hat nichts mit inhaltlichen Fälschungen zu tun. Die von der Nasa veröffentlichten Bilder des Webb-Teleskops sind echt.
Fakten
Die Bearbeitung von Proben, Ergebnissen oder Daten für eine bessere Anschaulichkeit und für ein einfacheres Verständnis sind in der Wissenschaft gängig. Ein Beispiel ist etwa die Mikroskopie. Dort werden Bilder einer zu analysierenden Probe aufgenommen, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu untersuchen. Dabei werden verschiedene Bereiche der Probe - die für die Analyse von Bedeutung sind - angepasst. Der Kontrast oder die Farbgebung werden etwa so reguliert, dass gewisse Strukturen sichtbar werden, die vorher nur schlecht oder gar nicht erkennbar waren. Ähnliches passiert auch mit den Bildern aus dem Weltraum. Der im Folgenden erklärte Prozess der Entstehung von Weltraum-Bildern belegt, wieso eine Bearbeitung unabdingbar ist.
Wie entstehen Bilder aus dem Weltraum?
Das Webb-Teleskop hat mehrere Instrumente, die unterschiedliche elektromagnetische Frequenzbereiche aufnehmen können. Doch nur wenige dieser Bereiche sind für das menschliche Auge als Farben sichtbar. Da kommen Bearbeitungsprogramme zum Einsatz.
«In der Regel wird die Aufnahme im kurzwelligsten Filter der blaue Kanal, im mittleren Filter der grüne Kanal, und die Aufnahme im langwelligsten Filter wird der rote Kanal im Bildbearbeitungsprogramm», erklärt Kai Noeske dem dpa-Faktencheck. Noeske ist für das Wissenschaftskommunikationsprogramm der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) verantwortlich. Die Daten des Teleskops müssten etwa von instrumentellen Effekten bereinigt werden, erklärt er weiter. Weil sonst nur ein schwarzes Bild mit ein paar weißen Flecken erscheinen würde.
Auch normale Digitalkameras oder Smartphone-Kameras nutzen Tricks, um Farben abbilden zu können. Dort messen Sensoren, wie viele Anteile Rot, Grün und Blau die jeweiligen Bildbereiche aufweisen. Diese monochromen Bildinformationen werden direkt in der Kamera oder dem Smartphone zu einem Farbbild zusammengesetzt. Bei den Bildern des Webb-Teleskops wird dieser Schritt erst nachträglich vorgenommen.
Wird bei Aufnahmen aus dem Weltraum neben der Farbe noch mehr geändert?
Ja, die Aufnahmen werden teilweise aus Hunderten Einzelbildern zusammengesetzt. So schreibt die Nasa beispielsweise zu einem Bild des Stephansquintetts, einer visuellen Gruppierung von fünf Galaxien: «Dieses riesige Mosaik ist das bisher größte Bild von Webb, das etwa ein Fünftel des Monddurchmessers abdeckt. Es enthält über 150 Millionen Pixel und wurde aus fast 1.000 einzelnen Bilddateien zusammengesetzt.» Es wird also ganz offen erklärt, dass das Bild bearbeitet ist.
Wo werden Bildbearbeitungsprogramme noch eingesetzt?
Nur weil in den Metadaten eines Bildes ein Bildbearbeitungsprogramm wie zum Beispiel Photoshop erwähnt wird, ist das kein Beweis, dass das Foto manipuliert wurde. In solchen Programmen können Bilder beispielsweise auch zugeschnitten oder begradigt werden. Außerdem ist es durch die Bearbeitung möglich, ein Bild herunterzurechnen und so in der Dateigröße zu verkleinern. Bildbearbeitungsprogramme wie Photoshop ermöglichen ganz einfache Korrekturen an einem Foto, die nicht zwangsläufig eine inhaltliche Veränderung bedeuten müssen.
Was ist das Webb-Teleskop eigentlich?
«James Webb» war am 25. Dezember 2021 an Bord einer Ariane-Trägerrakete ins All gestartet - nachdem es zuvor Kostenexplosionen und immer neue Verschiebungen gegeben hatte. Die Weltraumagenturen der USA, Kanadas und Europas kooperieren bei dem Projekt. Das «James Webb Space Telescope» (JWST) wurde rund 30 Jahre lang entwickelt und kostete schlussendlich etwa 10 Milliarden Dollar (rund 8,8 Milliarden Euro). Es folgt auf das Teleskop «Hubble», das seit mehr als 30 Jahren im Einsatz ist. Während «Hubble» im optischen und ultravioletten Bereich arbeitet, untersucht «James Webb» im infrarotnahen Bereich.
«James Webb» soll rund 1,5 Millionen Kilometer weit ins All fliegen und unter anderem mit Hilfe eines 25 Quadratmeter großen Spiegels neue Bilder aus dem frühen Universums liefern. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erhoffen sich von den Aufnahmen unter anderem Erkenntnisse über die Zeit nach dem Urknall vor rund 13,8 Milliarden Jahren. Sie hoffen auf Bilder von Sternen, die älter sind als unser Sonnensystem und vielleicht nicht mehr existieren - und möglicherweise sogar auf Hinweise auf eine zweite Erde.
(Stand: 25.08.2022)
Links
Erklärung zur Mikroskopie (archiviert)
Nasa-Erklärung zu einem der WEBB-Bilder (archiviert)
Nasa-Blog zu Testaufnahmen des Teleskops (archiviert)
Bild des Stephansquintett und Nasa-Erklärung (archiviert)
Stephansquinett-Bild Erklärung zur Komposition (archiviert)
Internetseite zu Hubble (archiviert)
Nasa-Vergleich Hubble und Webb (archiviert)
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