Rote Ampeln

Beobachtung nicht übertragbar auf alle Radfahrer

05.08.2022, 14:34 (CEST)

133 Radfahrer fahren laut einer Zählung binnen zwölf Stunden über die Straße, obwohl die Ampel rot leuchtet - das hat ein Automobilclub beobachtet. Verallgemeinern lässt sich die Stichprobe aber nicht.

Ein Autoclub in München zählt an einer Ampel zwölf Stunden lang alle Fahrradfahrer - und der Anteil derer, die weiterfahren, obwohl sie warten müssten. «6,4 Prozent der Fahrradfahrer fahren bei ROT über die Straße!», heißt die Botschaft.

Bewertung

Es handelt sich um eine Stichprobe, keine repräsentative Studie. Die Ergebnisse können nicht auf alle Fahrradfahrer, Ampeln, Städte und Tage übertragen werden.

Fakten

Von 7 bis 19 Uhr filmte der Autoclub eine Ampel, an der sowohl Fußgänger als auch Radfahrer eine Seitenstraße in einer belebten Münchner Gegend überqueren können. «Von insgesamt 2089 gezählten Fahrradfahrern fuhren in der benannten Zeit 133 Personen über Rot. Dies entspricht einem Prozentsatz von 6,4%», teilt der Verein Automobilclubs Mobil in Deutschland mit.

In der Überschrift auf der Website wird daraus: «Neue Münchner Studie zu Rotlichtverstößen in Städten: 6,4% aller Fahrradfahrer fahren über Rot!» Vereinspräsident Michael Haberland wird dort so zitiert: «Obwohl 6,4% nach gar nicht so viel klingt, so sind es doch hochgerechnet auf eine Stadt wie München am Tag rund 250 000 Rotlichtvergehen durch Fahrradfahrer».

Helmut Küchenhoff vom Statistischen Beratungslabor der Ludwig-Maximilians-Universität München widerspricht dieser Hochrechnung. Methodisch ist sei problematisch nur an einem Tag zu erheben, denn viele Faktoren hätten Einfluss - etwa das Wetter, erklärte er auf dpa-Anfrage. Tatsächlich sei die Erhebung eine interessante Beobachtung, einen Rückschluss auf die Gesamtheit gebe sie nicht her. Man müsse etwa mehrere Ampeln betrachten und diese sinnvoll auswählen, da die Situation jeweils unterschiedlich sei.

Damit Ergebnisse einer Studie verallgemeinert werden können, muss sie möglichst repräsentativ sein. «Im engeren Sinne ist eine Stichprobe dann repräsentativ, wenn alle Merkmalsträger der Grundgesamtheit die gleiche Chance besessen haben, Teil dieser Stichprobe zu werden», heißt es beim großen Statistik-Portal statista.de. Der Begriff drücke auch aus, dass «eine Stichprobe ein vollständiges verkleinertes Spiegelbild der Grundgesamtheit darstellt, die damit auch alle (wesentlichen) Eigenschaften der Grundgesamtheit korrekt wiedergibt.» Eine Ampel an einem Tag kann diesem Anspruch nicht genügen.

Um Repräsentativität bemüht ist der Bericht «Verkehrsklima in Deutschland 2020», den der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft erstellen ließ. Darin gaben 58 Prozent der befragten Autofahrer an, es sei wahrscheinlich, dass sie einen Rotlichtverstoß begingen, bei den Radfahrern sagten dies nur 42 Prozent über sich selbst.

Nach dem Sicherheitsreport der Polizei München wurden in der bayerischen Landeshauptstadt 2021 insgesamt 6583 sogenannte Rotlichtverstöße geahndet, davon wurden 2277 von Radfahrern begangen.

(Stand: 5.08.2022)

LinksPressemitteilung Studie (archiviert)Sicherheitsreport(archiviert)Statista zu Repräsentativität(archiviert)

Bericht «Verkehrsklima in Deutschland 2020»(archiviert)
Kontakt Statistisches Beratungslabor (StaBLab) der Ludwig-Maximilians-Universität München(archiviert)

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