Manipulierter Screenshot

Passage zu Geschlechtskrankheiten wurde nachträglich hinzugefügt

21.07.2022, 10:07 (CEST)

Ein Blog unterstellt der «Zeit», Sätze aus einer Reportage gestrichen zu haben. Doch der angebliche Beweis dafür ist gebastelt.

Medienkritische Berichterstattung kann dazu beitragen, den Journalismus zu verbessern. Der Blog «Anti-Spiegel» behauptet zwar, sich dies zur Aufgabe gemacht zu haben. Doch bei der Kritik an einem «Zeit»-Artikel wird als vermeintlicher Beweis eine Fälschung präsentiert. Angeblich sollen zwei Sätze aus einer Reportage über verletzte Soldaten aus der Ukraine nachträglich entfernt worden sein, die sich um Geschlechtskrankheiten und Affenpocken drehen. Als Beleg ist ein angeblicher Screenshot des Artikels eingefügt, der vor der angeblichen Kürzung entstanden sein soll.

Bewertung

Die Sätze finden sich weder in der Printausgabe der «Zeit» noch in Internet-Archiven, in denen der Artikel zu verschiendenen Zeiten gespeichert wurde. Die Passage war zu keinem Zeitpunkt Teil des Textes, teilt auch der Verlag mit. Über den Quelltext kann man Online-Artikel beliebig verändern und davon Screenshots anfertigen.

Fakten

Der «Anti-Spiegel» zählt falsch. Im Screenshot sieht man nicht zwei, sondern folgende drei Sätze mehr als im Originalartikel: «Außerdem stellen die Ärzte bei ihnen massiv Geschlechtskrankheiten fest. Bei manchen besteht der Verdacht auf Affenpocken, aber dies wurde noch nicht offiziell bestätigt. Eine Probenentnahme wird durchgeführt.»

Die Passage findet sich in der gedruckten Ausgabe des Artikels in der «Zeit» vom 7. Juli (Seite 13) nicht. Auch in einer am 10. Juli archivierten Version des Online-Artikels ist sie nicht zu sehen, ebenso in einer weiteren, in einem anderen Internet-Archiv archivierten Fassung vom 11. Juli. Eine Verlagssprecherin der «Zeit» teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass sich die angeführte Passage «zu keiner Zeit» in dem fraglichen Text befunden habe, es sei weder nachträglich etwas hinzugefügt noch gekürzt worden. «Hier handelt es sich offenkundig um einen Fall von Fake News mit dem Ziel, die Menschen irrezuführen», ergänzte die Sprecherin.

Bei Screenshots sollte man grundsätzlich skeptisch sein, denn man muss kein Profi sein, um sie zu fälschen. Im Fall eines Textes auf einer Nachrichtenseite braucht man nicht einmal Software, sondern kann ganz leicht im Quelltext der Seite Worte hinzufügen oder entfernen und dann einen Screenshot erstellen.

(Stand: 20.7.2022)

Links

Artikel mit Falschbehauptung (archiviert)

Manipulierter Screenshot (archiviert)

«Anti-Spiegel» über sich selbst (archiviert)

«Zeit»-Artikel (kostenpflichtig) (Archiv-Version vom 10.7.2022, Archiv-Version vom 11.7.2022)

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