Falscher Kontext

Nordmazedonier protestierten gegen EU-Beitrittsbedingungen

19.07.2022, 16:11 (CEST)

Wegen des EU-Beitritts gibt es in Nordmazedonien regelmäßig Demonstrationen. Bilder von den Protesten werden in falschem Kontext verbreitet.

Wie in vielen Ländern steigen auch in Nordmazedonien die Preise. Anfang Juli gingen viele Menschen in der Hauptstadt Skopje auf die Straße - angeblich um «gegen die hohen Lebensmittel- und Treibstoffpreise» zu protestieren (archiviert). Doch demonstrieren die Menschen im Video wirklich aus diesem Grund?

Bewertung

Nein. Die Aufnahme stammen von einer Demo am 5. Juli, bei der es um die Bedingungen zu Nordmazedoniens EU-Beitritt ging.

Fakten

Der Beitritt Nordmazedoniens zur Europäischen Union ist einen Schritt näher gekommen: Die Regierung des Landes hat sich mit Bulgarien auf einen Fahrplan für Beitrittsverhandlungen geeinigt. Zuvor hatte Bulgarien Zugeständnisse in Fragen zur bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien verlangt.

Am Dienstag, 5. Juli 2022, demonstrierten Tausende Bürgerinnen und Bürger in der Hauptstadt Skopje - in erster Linie vor dem Außenministerium und dem Parlament. Der Polizei zufolge sollen fast 50 Polizisten verletzt worden sein.

Alle Aufnahmen aus dem Video des Posts stammen von der Nachrichtenagentur AP. Im Begleittext dazu heißt es, dass die Menschen gegen den Verlauf der EU-Beitrittsverhandlungen demonstrierten. An keiner Stelle heißt es, dass hohe Ressourcenkosten Thema der Proteste gewesen seien.

Im Video sieht man ein Banner, auf dem steht: «Ultimatum, Nein Danke.» (Ултиматум, не благодарам) Der Hintergrund: Durch die Aufrufe von europäischen Regierungschefs, die Bedingungen Bulgariens anzunehmen, fühlten sich viele in Nordmazedonien unter Druck gesetzt. Das Banner ist auch bei Balkan Insight zu sehen. Auch hier wird der zähe EU-Beitritt als Grund der Proteste genannt.

Material von AP wurde auch in anderen Berichten über die Proteste verwendet - auch dort steht nirgends, dass die Menschen gegen zu hohe Treibstoffpreise protestiert hätten. Gründe gäbe es, denn Nordmazedonien kämpft seit mehreren Monaten mit Auswirkungen der Energiekrise und den Folgen der Pandemie. So wurde bereits Ende Juni wegen der hohen Inflation gestreikt.

(Stand: 19.7.2022)

Links

Post (archiviert)

AP-Aufnahmen (archiviert)(Video archiviert)

Geolocation Parlament (archiviert)

Geolocation Außenministerium (archiviert)

Bericht Der Standard (archiviert)

Balkan Insight (archiviert)

Bericht Euro News (archiviert)

Bericht FAZ (archiviert)

Bericht Frankfurter Rundschau (archiviert)

dpa-Bericht bei boerse-online zu Beitrittsverhandlungen (archiviert)

Artikel bne (archiviert)

Bericht Streik wegen Inflation (archiviert)

World Bank (archiviert)

Deutschlandfunk (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an faktencheck@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.