Hinweise auf Fälschung

Gedenkstätte Auschwitz: Keine russenfeindlichen Aufkleber entdeckt

4.7.2022, 18:39 (CEST), letztes Update: 13.7.2022, 11:39 (CEST)

Bilder von geschmacklosen Aufklebern im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau machen im Netz die Runde. Doch alles deutet darauf hin, dass sie dort nie angebracht waren.

Der Krieg in der Ukraine hat eine riesige Flut an Bildmaterial auf allen Kanälen mit sich gebracht. Doch nicht nur Bilder der Kriegshandlungen werden verbreitet. Der Krieg wird auch für Propaganda genutzt. Auf Facebook verbreitete Fotos sollen beweisen, dass im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau russenfeindliche Aufkleber angebracht wurden. Teilweise wird behauptet, Ukrainer seien dafür verantwortlich.

Bewertung

Eines der Fotos stammt aus dem Vernichtungslager Lublin-Majdanek. Bei den anderen Bildern gibt es Hinweise darauf, dass die Aufkleber eine Fotomontage sind. Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau erklärte, dass sie weder derartigen Aufkleber gefunden habe noch die Überwachungskameras Hinweise darauf geliefert hätten.

Fakten

Drei der vier Fotos zeigen schwarz-weiß-rote Aufkleber mit einer englischen Aufschrift, die übersetzt lautet: «Russland und Russen: Das einzige Gas, das ihr und euer Land verdient, ist Zyklon B». Sie sollen an verschiedenen Stellen des ehemaligen Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau aufgeklebt worden sein. Mit dem Giftgas Zyklon B wurden in den Gaskammern der Nazis Millionen Menschen getötet.

Als Vorlage für die Aufkleber dienten offenbar die Etiketten, die auf den Giftgas-Kartuschen angebracht waren. Diese sind auf dem vierten Bild in dem Facebookpost zu sehen, das also nachweislich nicht wie behauptet aus Auschwitz, sondern aus dem Vernichtungslager Lublin-Majdanek stammt.

Mit Forensically, einer Software zur Analyse von Fotos, erkennt man auf drei der vier geteilten Fotos, dass die Pixelqualität («Error Level Analysis») im Bereich der Aufkleber vom Rest des Bildes abweicht. Dies spricht für eine Fotomontage. Auf dem Foto der echten Zyklon-B-Kartusche sind mit Forensically keine Auffälligkeiten an den Etiketten zu entdecken.

Die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau erklärte in einem Statement auf Twitter, dass an den auf den Bildern abgebildeten Orten keine derartigen Aufkleber gefunden wurden und dass die Sicherheitskameras niemanden gefilmt haben, der am oder vor dem 22. Juni etwas an den Orten angebracht hat.

Eine Analyse habe ergeben, dass die Fotos manipuliert und die Aufkleber digital hinzugefügt worden seien. «Alles deutet darauf hin, dass es sich bei den Fotos einfach um eine Manipulation handelt», fasst die Gedenkstätte zusammen und bezeichnet die Bilder als «primitive und grobe Propaganda».

Unter anderem verbreiteten offizielle russische Stellen die Bilder - darunter die russische Rüstungskontrolldelegation in Wien und das Außenministerium.

(Stand: 28.6.2022)

Links

Facebook Post (archiviert)

Foto eines Aufklebers (archiviert)

Foto eines Zyklon B-Aufklebers(archiviert)

Bildanalyse-Tool «Forensically» (archiviert)

Tweet der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau (archiviert)

Informationen zur Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau (archiviert)

Tweet der russischen Rüstungskontrolldelegation in Wien (archiviert)

Retweet auf der Twitter-Seite des russischen Außenministeriums (23.6.2022) (archiviert)

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