Bild mehrere Jahre alt

Foto von Segnung zeigt keine «Satan»-Rakete

09.06.2022, 15:38 (CEST)

Wenn eine Geschichte zu gut klingt, um wahr zu sein, ist Skepsis geboten: Russisch-orthodoxe Geistliche haben angeblich «Satan» gesegnet. Doch der echte Name der Rakete ist deutlich unspektakulärer.

Die Führung der russisch-orthodoxen Kirche hat sich bislang hinter den Angriffskrieg von Russlands Präsident Wladimir Putin gegen die Ukraine gestellt. Bilder sollen nun zeigen, wie russische-orthodoxe Geistliche eine Rakete namens «Satan» segnen. «Dieses kleine Ding ist kein Stabmixer und heisst Satan. Vor seiner Reise wird Satan zur Verteidigung der richtigen Christen russisch-orthodox gesegnet», heißt es in einem Facebook-Beitrag (Schreibfehler wie im Original, archiviert). Auf dem zugehörigen Foto sind die Geistlichen neben einem Militärlastwagen zu sehen, auf dem eine große Rakete liegt. Doch ist der behauptete Name korrekt?

Bewertung

Das Foto zeigt nicht Russlands Rakete mit dem Spitznamen «Satan», sondern eine andere Interkontinentalrakete. Es ist zudem alt und schon mindestens seit dem Jahr 2015 im Umlauf.

Fakten

Eine Bilderrückwärtssuche macht deutlich: Das Foto wurde bereits vor einigen Jahren aufgenommen. Es ist etwa auf der Seite der russischen Bildagentur «Moskau» zu finden. Als Aufnahmedatum wird der 6. Mai 2015 angegeben. In der Beschreibung heißt es, das Bild zeige eine Segnung von Teilnehmern der Siegesparade sowie Raketenwerfern auf dem Chodynkafeld. Die Parade zum «Tag des Sieges» findet in Russland jährlich am 9. Mai statt und erinnert an den Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg.

Das Chodynkafeld liegt im Nordwesten von Moskau und ist ein ehemaliger, heute in Teilen bebauter Militärflugplatz. Fotos von dort stimmen mit dem Gebäude mit kyrillischen Schriftzug für «Media Markt» überein. Dieses ist auf dem Bild der Raketen-Segnung im Hintergrund zu erkennen.

Eine «Satan»-Rakete ist auf dem Foto hingegen nicht zu sehen. Stattdessen wird hier eine Interkontinentalrakete vom Typ «Yars» gesegnet. So bezeichnet sie ein Artikel von Mai 2015 auf der Seite eines ukrainischen Fernsehsenders. Dort ist dasselbe Foto der Segnung zu sehen. Auch in einem Video der Siegesparade im Jahr 2015, das auf dem verifizierten Youtube-Account des Kremls zu finden ist, wird die Interkontinentalrakete als «Yars» bezeichnet. Ebenso steht der Name «Yars» in der Bildbeschreibung eines Fotos des gleichen Transportfahrzeugs mit der Rakete, das eine chinesische Nachrichtenagentur am selben Tag aufgenommen hat.

In anderen Quellen wird die Rakete als Typ «Topol-M» bezeichnet. Die «Yars» und die «Topol-M» sind ähnliche Interkontinentalraketen, die von der Nato als zwei Varianten des Raketentyps «SS-27» betrachtet werden.

Der Name «Satan» wird tatsächlich für andere russische Interkontinentalraketen verwendet. Das Land sorgte Ende April mit dem Test einer neuen Rakete vom Typ Sarmat (Nato-Codename: SS-X-30 Satan 2) für Aufsehen. Noch wird die Rakete von der russischen Armee nicht genutzt. Da sie mit Atomsprengköpfen versehen werden kann, wurde ihr Test während des russischen Kriegs gegen die Ukraine als Machtdemonstration gewertet. Russland besitzt darüber hinaus einen älteren Raketentyp, der ebenfalls den Codenamen «Satan» trägt.

(Stand: 9.6.2022)

Links

Foto bei russischer Bildagentur (archiviert)

Ansicht des Gebäudes, vor dem das Raketen-Foto aufgenommen wurde (archiviert)

Foto des Waffensystems am Tag der Siegesparade (archiviert)

Foto auf ukrainischer Nachrichtenseite «Espreso» (archiviert)

Auftritt der Rakete in Video des Kremls von Parade 2015 (archiviert)

Foto bei US-amerikanischem Thinktank (archiviert)

Informationen über «Topol M»-Rakete (archiviert)

Informationen über «Yars»-Rakete (archiviert)

Informationen über «Satan»-Rakete (archiviert)

Informationen über «Satan 2»-Rakete (archiviert)

dpa-Artikel über den Raketentest, veröffentlicht von «Tagesspiegel.de» (archiviert)

Bericht über neue und alte «Satan»-Raketen (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

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