Batterieproduktion für E-Autos

Radlader verbraucht deutlich weniger Kraftstoff

1.6.2022, 14:18 (CEST)

Vorbehalte gegen E-Autos gibt es unter anderem wegen der Rohstoffe, die für die Batterien benötigt werden. Dazu kursieren teils alarmierende Zahlen im Netz. Doch wie belastbar sind sie?

Beim Kauf eines E-Autos spielt für viele Menschen die Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. In einer unter anderem auf Facebook vielfach geteilten Text-Bild-Kachel (archiviert) heißt es dazu: Für die Produktion einer Batterie des Autobauers Tesla müssten «250 Tonnen Erde» bewegt werden - also mutmaßlich bei der Gewinnung der benötigten Rohstoffe. Zudem heißt es über einen großen Radlader, der dabei angeblich eingesetzt werde: «Er verbrennt 6.800 Liter Sprit pro 12-Stunden-Schicht.» Es sind Zahlen, mit denen eine schlechte Umweltbilanz der Batterie angedeutet wird. Aber sind sie auch korrekt?

Bewertung

Es gibt keinerlei Belege für die behaupteten Werte. Der Hersteller des Radladers nennt auf Anfrage einen geringeren Kraftstoffverbrauch. Die Gewichtsangabe taucht immer wieder unbelegt im Netz auf.

Fakten

Bei dem Radlader auf dem Foto handelt es sich wie angegeben um das Modell 994K des Herstellers Caterpillar. Es ist eine der größten Baumaschinen der Welt und wird zum Beispiel im Bergbau eingesetzt.

Doch die unbelegte Angabe über den Kraftstoffverbrauch, die auf Facebook verbreitet wird, ist nicht korrekt. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) schreibt ein Europa-Sprecher von Caterpillar: «Der behauptete Wert ist mehr als dreimal so hoch wie der durchschnittlich gemessene Dieselverbrauch dieser Maschine.» Demnach liegt der Verbrauch für den angegebenen Zeitraum bei weniger als 2300 Litern Kraftstoff.

Auch ein Blick in die Produktbroschüre legt nahe, dass der auf Facebook verbreitete Wert deutlich zu hoch ist. So wird das Fassungsvermögen des Tanks des Radladers mit 3445 Litern angegeben. In einer größeren Version, die laut Broschüre für den 24-stündigen Betrieb geeignet ist, fasst der Tank 5678 Liter. Das entspricht den Angaben des Caterpillar-Sprechers zum durchschnittlichen Verbrauch.

Zudem heißt es auf Facebook im losen Zusammenhang mit dem gezeigten Radlader, für die Produktion einer Tesla-Batterie müssten 250 Tonnen Erde bewegt werden. Doch auch hier fehlt eine Quellenangabe. Wahrscheinlich ist, dass es sich um einen Wert handelt, der in verschiedenen Größeneinheiten seit Jahren in den sozialen Netzwerken kursiert. So ist in einem englischsprachigen Twitter-Beitrag aus dem März 2022 von «500 000 Pfund der Erdkruste» («500,000 pounds of the earth's crust») die Rede, die für die Batterie eines Elektroautos bewegt werden müssten. Eine Quelle fehlt auch hier.

Die Zahl findet sich - ebenfalls ohne Quellenangabe - bereits im Sommer 2019 in einem Meinungsbeitrag im «Wall Street Journal». Verbreitet wurde sie wenig später auch von einer amerikanischen Lobbyistin, die während der Präsidentschaft von Donald Trump in einer leitenden Funktion für die US-Umweltschutzbehörde EPA tätig war. Sie schrieb unter anderem auf ihrem Instagram-Account von «500 000 Pfund Rohstoffen» für eine Batterie («500,000 lbs of raw material») - auch hier sucht man vergeblich nach einem Beleg.

Bei der Übersetzung der Formulierung «500,000 pounds» ins Deutsche ist zudem offenbar ein Fehler passiert. 500 000 Pfund entsprechen zwar im metrischen System 250 Tonnen. Allerdings ist die in Deutschland bekannte Gewichtseinheit Pfund nicht identisch mit der Einheit «pounds», die im englischen Sprachraum verwendet wird. Ein Pound sind umgerechnet nur rund 454 Gramm. Demnach müsste der Wert bei einer korrekten Übersetzung ins Deutsche mit rund 227 Tonnen angegeben werden.

Maximilian Fichtner vom Helmholtz-Institut für Elektrochemische Energiespeicherung in Ulm schreibt auf dpa-Anfrage, dass ihm keine Angaben zur Menge des für eine Batterie zu bewegenden Erdreichs bekannt sind. Die Zahl erscheine ihm «doch sehr geraten».

Um die Umweltbilanz von Autos und Antriebsarten zu bewerten, sind ohnehin andere Angaben aussagekräftiger. Tesla nennt zwar - auch auf Nachfrage - keine Zahlen zur CO2-Bilanz seiner Batterieproduktion. In verschiedenen Studien sind jedoch Durchschnittswerte für unterschiedliche Batteriegrößen ermittelt worden. Zieht man Berechnungen der TU Eindhoven aus dem Jahr 2020 heran, so ergeben sich für eine Batterie mit einer Leistung von 75 Kilowattstunden (kWh) rund 5,63 Tonnen CO2 - wenn die Energie nicht aus erneuerbaren Quellen stammt. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Benzinmotor stößt eine solche Menge CO2 bei einer zurückgelegten Strecke von rund 36 000 Kilometern aus.

Generell gilt beim Vergleich der CO2-Bilanzen von E-Autos und solchen mit Verbrennermotoren, dass die Emissionen an unterschiedlichen Stellen entstehen. Bei beiden gilt das für die Produktion, wenn fossile Energiequellen genutzt werden. Beim Verbrenner entsteht offenkundig auch bei der Nutzung CO2 - und darüber hinaus in den Vorketten der Kraftstoffproduktion.

Der Thinktank International Council on Clean Transportation (ICCT) hat im Jahr 2021 Vergleichszahlen für verschiedene Antriebsarten ermittelt und dabei die unterschiedlichen Bereiche berücksichtigt, in denen Emissionen entstehen. Diese sogenannte Lebenszyklusanalyse ergab, dass Verbrenner insgesamt deutlich mehr Emissionen verursachen als Autos mit Elektrobatterien - beim derzeitigen Strommix. Verantwortlich ist dem ICCT zufolge vor allem der Kraftstoffverbrauch der Fahrzeuge.

Speicher-Experte Fichtner zufolge gibt es zwischen E-Autos und Verbrennern «keine allzu großen Unterschiede mehr beim Gestehungsaufwand», also bei der Produktion der Fahrzeuge. «Dominiert werden die Emissionen durch den "Kraftstoff" über den gesamten Lebenszyklus», sagt Fichtner.

Das Bild mit den falschen und unbelegten Angaben über den Radlader und die Batterieproduktion wurde Ende April 2022 zuerst vom AfD-nahen «Deutschlandkurier» in den sozialen Netzwerken verbreitet. Auf dpa-Anfrage nannte die Redaktion jedoch keine überprüfbaren Quellen für die behaupteten Werte.

(Stand: 1.6.2022)

Links

Broschüre zum CAT 994K (archiviert)

Tweet mit Angabe «500,000 pounds» (14.3.2022) (archiviert)

Kommentar im Wall Street Journal (5.8.2019, Bezahlschranke) (archiviert)

Instagram-Beitrag von ehemaliger EPA-Mitarbeiterin (21.8.2019) (archiviert)

Studie der TU Eindhoven (archiviert)

Umweltbundesamt zum CO2-Ausstoß von Benzinern (archiviert)

Lebenszyklusanalyse des ICCT (archiviert)

Beitrag des «Deutschlandkuriers» auf Instagram (archiviert)

Beitrag auf Facebook (archiviert)

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