Rede vor einem Gremium, das es gar nicht gibt? Kissinger wird falsches Zitat in den Mund gelegt

Der seit Jahrzehnten aktive Politiker Henry Kissinger und die Weltgesundheitsorganisation WHO werden immer wieder Opfer gezielter Desinformation - bei dieser Behauptung kommen sie gemeinsam vor: Kissinger soll auf einer Rede vor der WHO eine Zwangsimpfung der Menschen für die Kontrolle des Erbguts gefordert haben. Er wird wörtlich zitiert, etwa mit der Aussage: «Sobald die Herde die obligatorische Impfung akzeptiert, ist das Spiel vorbei!» (archiviert)

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Eine solche Aussage von Henry Kissinger ist nicht bekannt, das genannte WHO-Gremium gibt es nicht.

Fakten

Kissinger soll am 25. Februar 2009 vor einem angeblichen «Rat für Eugenik» gesprochen haben - diesen Rat gibt es nicht bei der WHO. Das falsche Zitat war Kissinger schon im Jahr 2019 unterstellt worden, damals hieß es, Kissinger habe an besagten Datum vor dem Exekutivrat der WHO gesprochen. Das war falsch, an besagten Tag hatte der Exekutivrat noch nicht einmal getagt.

Zum Faktencheck im Jahr 2019 teilte ein WHO-Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur schriftlich mit, dass seiner Organisation kein solcher Auftritt des Ex-US-Außenministers bekannt ist. Auch auf der Seite der WHO ist das vermeintlich Zitat nicht zu finden. Gegenüber Reuters erklärte ein Sprecher Kissingers im Jahr 2020, dass das Zitat falsch sei.

Das angebliche Kissinger-Zitat wurde auch auf Englisch verbreitet. Die US-Faktencheck-Seite Snopes wies darauf hin, dass die Wortwahl ungewöhnlich sei. Demnach sei es sehr unwahrscheinlich, dass ein so bedeutender Politiker in einer Rede das Wort «Herde» (engl. «herd») für Menschen nutze oder seine Rede mit «Nun, was gibt es jetzt zum Mittagessen?» («Now, what's for lunch, huh?») abschließe.

Manchmal wird das falsche Zitat per Aufnahme eines fotografierten Artikels verbreitet. Unklar ist, um welche Publikation es sich handelt - sie verbreitet jedenfalls ein Zitat, für das es keinerlei Belege gibt.

(Stand: 17.5.2022)