Wählerstimmen für Macron und Le Pen im französischen Fernsehen falsch angegeben

28.04.2022, 12:05 (CEST), letztes Update: 28.04.2022, 12:19 (CEST)

Frankreichs amtierender liberaler Staatschef Emmanuel Macron hat sich bei der Stichwahl um die Präsidentschaft am 24. April gegen die rechte Nationalistin Marine Le Pen durchgesetzt. Doch in sozialen Medien verbreiten sich Beiträge, die einen angeblichen Wahlbetrug wittern. Ein Posting etwa zeigt einen Screenshot aus einer TV-Wahlsendung. Darauf werden Macron 14,21 Millionen und Le Pen 14,32 Millionen Wählerstimmen zugeschrieben. «Der Screenshot wurde 30 Minuten vor Ende der Abstimmung aufgenommen. Sie war dabei zu gewinnen. 30 Minuten später verlor sie mit einem Abstand von mehr als 10%», heißt es dazu (archiviert). Lag Marine Le Pen zum angegebenen Zeitpunkt wirklich in Führung?

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Marine Le Pen war zum Zeitpunkt des gezeigten Screenshots nicht dabei zu gewinnen. Die Angabe ihrer Wählerstimmen in der TV-Sendung war falsch. Der Sender France 2 entschuldigte sich später für den nach eigenen Angaben technischen Fehler bei der Übertragung von Daten des Innenministeriums.

Fakten

Auch in Frankreich haben viele Menschen in sozialen Netzwerken darauf hingewiesen, dass in der Wahlsendung von France 2 gegen 21.00 Uhr etwas mehr Stimmen für Marine Le Pen als für Emmanuel Macron angezeigt wurden - während gegen 22.45 Uhr Le Pen wieder weniger Stimmen hatte.

Es handelt sich also nicht um einen gefälschten Screenshot. Um Wahlbetrug geht es hier jedoch auch nicht, sondern um eine Panne im Fernsehen. France 2, ein öffentlich-rechtlicher Sender, hat diese auf Twitter eingeräumt: «Ein Computerfehler führte dazu, dass wir während des Wahlabends von France 2, Sonntag, den 24. April, falsche Zahlen anzeigten. Wir entschuldigen uns bei unseren Zuschauern», heißt es in dem Tweet.

Nach Angaben des Senders habe der Bildschirm im TV-Studio um 21.10 Uhr 14,2 Millionen Stimmen für Emmanuel Macron und 14,4 Millionen Stimmen für Marine Le Pen angezeigt. «Die Software, die es dem Sender ermöglicht, Daten des Innenministeriums anzuzeigen, hat die Stimmen bestimmter Kommunen für die beiden Kandidaten doppelt gezählt», wird als Erklärung dafür genannt. Das Innenministerium habe Marine Le Pen zu keinem Zeitpunkt 14 Millionen Stimmen zugeschrieben, schreibt France 2 in einem weiteren Tweet.

Dass auf der offiziellen Seite des Innenministeriums tatsächlich nicht die falschen Zahlen genannt wurden, lässt sich im Internetarchiv nachvollziehen: In einer um 21.42 Uhr gespeicherten Version kommt Macron auf 9,7 Millionen Stimmen und Le Pen auf 8,7 Millionen Stimmen. Hier sind 58 Prozent der Wählerstimmen bereits ausgezählt. Dass bereits gegen 21.00 Uhr beide Kandidaten um die 14 Millionen Stimmen gehabt haben sollen, kann also nicht korrekt sein. Die Nachrichtenagentur AFP schreibt, dass auch in den Daten, die sie vom Innenministerium erhielt, der Fehler nicht auftauchte. Dort wurden Le Pen gegen 21.15 Uhr 5,44 Millionen Stimmen zugeschrieben und Macron 5,41 Millionen.

In einer um 22.32 Uhr gespeicherten Version der offiziellen Seite des Innenministeriums waren es dann 13,7 Millionen Stimmen für Macron und 11,3 Millionen für Le Pen - bei einem Auszählungsstand von 79 Prozent der Wählerstimmen. Am Ende des Wahlabends kam Macron auf rund 18,8 Millionen Wählerstimmen, ein Anteil von 58,5 Prozent. Le Pen erhielt rund 13,3 Millionen Stimmen, ein Anteil von 41,5 Prozent.

(Stand: 27.04.2022)

Links

Faktencheck von AFP (archiviert)

Tweet des Senders France 2 mit Entschuldigung (archiviert)

Auszählungsstand beim französischen Innenministerium um 21:42 Uhr

Auszählungsstand beim französischen Innenministerium um 22:32 Uhr

Vorläufiges Endergebnis auf der Seite des französischen Innenministeriums (archiviert)

Facebook-Beitrag mit der Behauptung (archiviert)

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