Krieg in Ukraine treibt Spritpreise - Steueranteil nicht so hoch wie vermutet

10.03.2022, 15:21 (CET)

Der Krieg in der Ukraine treibt die Spritpreise in nie gekannte Höhen. Ein großer Teil davon sind Steuern und Abgaben an den deutschen Staat. Weit verbreitet in sozialen Medien ist nun das Foto einer Tankstellenanzeige (archiviert), wonach am 26. Februar 2022 die auf Kraftstoffe erhobenen Steuern angeblich mehr als drei Viertel des Benzin- und Dieselpreises ausgemacht haben sollen.

Bewertung

Ja, die Kraftstoffpreise sind derzeit auf Rekordhöhen. Falsch ist aber, dass 75 Prozent des Preises an den Staat fließen.

Fakten

Der Blick auf die Tankstellen-Anzeige lässt sicherlich nicht wenige erblassen: Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete Diesel am 9. März 226,8 Cent pro Liter, bei Super E10 waren es 217,4 Cent. Und das Ende der Fahnenstange ist womöglich noch nicht in Sicht.

Was wird nun behauptet?

Das in sozialen Medien verbreitete Foto zeigt angeblich die Anzeige einer Tankstelle vom 26. Februar 2022. An welchem Ort das Bild einer Total-Tankstelle (zu erkennen an der Eigenmarke «Excellium Super Plus») entstand und ob es tatsächlich an diesem Datum gemacht wurde, in unklar.

Die angezeigten Werte entsprechen aber durchaus den Angaben des ADAC. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am 10. März nannte ein Sprecher die bundesweiten Durchschnittspreise: Demnach kostete am 26. Februar Super E10 im Schnitt 181,2 Cent, Diesel 172,8 Cent.

Doch die Gegenüberstellung der tatsächlichen Kraftstoffpreise an der Zapfsäule mit vermeintlichen Kosten ohne staatliche Abgaben («ohne Steuern») in der verbreiteten Aufnahme ist falsch. Es heißt dort, angeblich müsse für einen Liter Diesel nur rund ein Viertel des Preises bezahlt werden, wenn keine staatlichen Abgaben aufgeschlagen worden wären (also nur 42,5 Cent statt 176,9 Cent). Auch bei Super E10 (43,9 Cent «ohne Steuern» statt 184,9 Cent an der Zapfsäule), Super (44,9 statt 190,9 Cent) und Super Plus (48,9 statt 207,9 Cent) soll der Unterschied viermal so hoch sein.

Wie setzt sich Spritpreis allgemein zusammen?

Es stimmt zwar, dass Steuern und Abgaben einen großen Teil des Kraftstoffpreises ausmachen - aber nicht in diesem Maße. Diese Komponenten machen die Kosten an der Tankstelle aus:

  • Energie- beziehungsweise Mineralölsteuer: Dieser Festbetrag fällt immer in gleicher Höhe an, egal wie hoch der jeweilige Spritpreis tagesaktuell ist. Bei Benzin wie Super E10 etwa sind das pro Liter 65,45 Cent, bei Diesel 47,04 Cent.
  • CO2-Abgabe: Dieser konstante Wert schlägt je nach Biospritanteil und Kraftstofftyp mit etwa 8 bis 9 Cent pro Liter zu Buche.
  • Mehrwertsteuer: Für Kraftstoffe liegt der Satz bei 19 Prozent. Das heißt: Je höher der Spritpreis ist, umso mehr Euro fließen in die Staatskasse. Angesichts der derzeitigen Rekorde an den Zapfsäulen fordert unter anderem der ADAC daher zumindest eine vorübergehende Reduzierung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent.
  • Der Rest des Kraftstoffpreises entfällt etwa auf den Preis für Rohstoffe, Kosten für Raffinerie, Transport und Vertrieb sowie Gewinne der beteiligten Unternehmen. Durch aktuell massiv steigende Rohölpreise dürften den derzeit größten Posten dabei die Produktkosten einnehmen.

Wie hoch ist konkret der staatliche Anteil am 26. Februar?

Mit Hilfe des ADAC hat dpa für die Durchschnittspreise von Super E10 und Diesel vom 26. Februar die jeweiligen Kosten aufgeschlüsselt. Die Berechnungen zeigen, dass die im Foto verbreitete Aufschlüsselung der Steueranteile massiv übertrieben ist:

Bei einem Preis von 181,2 Cent für einen Liter Super E10 werden 94,3 Cent Steuern fällig (davon 28,9 Cent Mehrwertsteuer) plus circa 8 Cent CO2-Abgabe. Die restlichen knapp 79 Cent sind Kosten und Gewinn der Tankstelle, der Transportunternehmen und Rohstofflieferanten. Das heißt: Rund 56 Prozent des Preises gehen in die Staatskasse.

Bei Diesel sind die Werte ähnlich: Von 172,8 Cent sind 74,6 Cent Steuern (davon 27,6 Prozent Mehrwertsteuer) und circa 9 Cent CO2-Abgabe. Also gehen etwa 48 Prozent des Preises an den Staat.

Warum kommt es derzeit zu den hohen Spritpreisen?

Haupttreiber des bisherigen Anstiegs an der Zapfsäule sind die Ölpreise, die im Zuge des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland nach oben schnellten. Der starke Dollar verstärkt den Effekt, da Öl in Dollar gehandelt wird und deutsche Käufer in Euro bezahlen. Hinzu kommt die ungewöhnlich starke Nachfrage nach Heizöl. Schon vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine waren die Spritpreise in Deutschland auf Rekordhöhe gestiegen.

(Stand: 10.3.2022)

Links

ADAC über Zusammensetzung des Spritpreises (archiviert)

ADAC über akuelle Spritpreise am 10.03.2022 (archiviert)

ADAC über CO2-Abgabe bei Spritpreisen (archiviert)

Automobilclub von Deutschland über Zusammensetzung de Spritpreises (archiviert)

Total über Excellium Super Plus (archiviert)

Facebook-Post mit Tankstellenanzeige (archiviert)

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