Die Ukraine ist ein Staat

28.2.2022, 13:29 (CET)

Kremlchef Wladimir Putin spricht der Ukraine das Existenzrecht ab. In sozialen Medien wird gar angezweifelt, dass es die Ukraine überhaupt als Staat gibt. Denn angeblich sei vergessen worden, die Grenzen bei den Vereinten Nationen (UN) zu registrieren. Der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon soll erklärt haben, dass die Ukraine «seit 1991 keinen Antrag auf Registrierung der Grenzen gestellt hat, so dass der Staat Ukraine nicht existiert» (archiviert).

Bewertung

Die Ukraine ist ein Staat und Mitglied der Vereinten Nationen. Für die Behauptung, dass Ban Ki-Moon dies je angezweifelt hat, gibt es keinen Beleg.

Fakten

An den Grenzen der Ukraine gibt es bei den Vereinten Nationen schon seit dem 24. Oktober 1945 keinen Zweifel. Damals gehörte die Ukraine zu den Gründungsmitgliedern der UN.

Ungeachtet der Zugehörigkeit zur Sowjetunion blieb die Ukraine Mitglied der Vereinten Nationen. Sie wurde daher auch nach dem Zerfall der UdSSR nicht neu aufgenommen, sondern teilte lediglich am 24. August 1991 offiziell mit, dass sie den bisherigen Namen «Sozialistische Sowjetrepublik Ukraine» aufgegeben habe und nun den Namen «Ukraine» trage.

Das Entstehen neuer Staaten und der Zerfall eines Staates in mehrere andere Staaten haben die Vereinten Nationen immer wieder beschäftigt. Deshalb wurden auch vor dem Hintergrund des Zerfalls der Sowjetunion 1999 Richtlinien festgelegt, wie in diesen Fällen zu verfahren sei. Auf den insgesamt 165 Seiten findet sich keinerlei Vorschrift, wonach Staaten ihre Grenzen bei den Vereinten Nationen zu registrieren hätten.

Es gibt bei den Vereinten Nationen allerdings die Möglichkeit, dass Staaten dort Verträge hinterlegen, die sie mit anderen Staaten geschlossen haben. Dazu gehört unter anderem ein von Russland und der Ukraine unterzeichneter und am 20. April 2004 in Kraft getretener Vertrag über den Grenzverlauf zwischen Russland und der Ukraine. In diesem 376 Seiten starken Papier, dem detailliertes und umfangreiches Kartenmaterial beigefügt.

Die Falschbehauptungen, die aktuell bei Facebook kursieren, waren bereits nach der russischen Annexion der Krim 2014 im Internet auf einer mittlerweile verschwundenen Webseite der prorussischen Organisation «Ukrainian Choice» aufgetaucht. Dort wurde behauptet, Ban Ki-Moon habe sich in einem Interview entsprechend geäußert. Doch obwohl eine solche Äußerung in der höchst angespannten politischen Atmosphäre mit Sicherheit große Beachtung gefunden hätte, lassen sich im Internet keine anderen Quellen dafür finden.

Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er könne sich an ein solches Interview von Ban Ki-Moon nicht erinnern. Dujarric war unter anderem Sprecher von Ban Ki-Moon und Kommunikationsdirektor der Vereinten Nationen, als die Äußerungen gemacht worden sein sollen. Er sagte, er habe zur Zeit der angeblichen Äußerungen den Generalsekretär auf einer Reise nach Ruanda begleitet: «Er (Ban) hätte sich, ehrlich gesagt, zu einer so wichtigen Frage nicht während einer Afrika-Reise geäußert.»

Auch inhaltlich widerspricht die angebliche Äußerung allem, was der UN-Generalsekretär öffentlich und belegbar im Frühjahr 2014 zum Thema Ukraine erklärt hat. So heißt es in einer UN-Mitteilung vom 17. März, Ban ermutige «alle Parteien, auf eine Lösung hinzuarbeiten, die sich an den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen orientiert und die Einheit und Souveränität der Ukraine respektiert».

Am 27. März 2014 beschloss die UN-Vollversammlung eine Resolution 68/262 mit dem Titel «Territoriale Integrität der Ukraine». Darin heißt es unter anderem, die Vollversammlung bekräftige «die Souveränität, politische Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen».

(Stand: 28.2.2022)

Links

Facebook-Post (archiviert)

UN-Mitteilung (archiviert)

UN-Resolution (archiviert)

Richtlinien (archiviert)

Falschbehauptungen bei Ukrainian Choice (archiviert)

Vertrag über Grenzverlauf

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