Sachsen: Polizei geht erneut von deutlicher weniger Demonstranten aus als rechtsextreme Partei

18.2.2022, 16:09 (CET), letztes Update: 18.2.2022, 16:29 (CET)

Erneut sind in Sachsen Tausende Menschen gegen die Corona-Impfung, eine Impfpflicht und Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie auf die Straße gegangen. Die größten Proteste finden seit einigen Wochen jeweils montags statt. Und so hat auch die rechtsextreme Kleinstpartei Freie Sachsen am 14. Februar 2022 in den sozialen Netzwerken verbreitet, dass an diesem Tag «wieder über 100 000 Sachsen bei Massenprotesten auf der Straße» gewesen seien (archiviert). Stimmt diese Größenordnung?

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Für die Zahl 100 000 gibt es wie schon in den Vorwochen keinerlei Belege. Die Polizei in Sachsen geht für den 14. Februar von 48 000 Teilehmerinnen und Teilnehmern aus.

Fakten

Nach Angaben des sächsischen Landespolizeipräsidiums gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hat es am 14. Februar «169 An- und Versammlungen gegen die Corona-Maßnahmen mit insgesamt 48 000 Teilnehmern» gegeben. 47 davon seien angezeigt, 122 nicht angezeigt gewesen.

Zudem gab es den Polizeiangaben zufolge an diesem Tag neun Gegendemonstrationen gegen diesen Protest. Daran nahmen 225 Menschen teil. Acht dieser Versammlungen waren angezeigt.

Anzeigen bedeutet, dass die örtliche Versammlungsbehörde vorab informiert werden muss. Viele der von Teilnehmern als «Spaziergänge» bezeichneten Proteste gegen die Corona-Maßnahmen umgehen das, weil es sich angeblich um «spontane» Versammlungen handele. Es gibt jedoch vielfach Hinweise auf Absprachen in den sozialen Netzwerken.

Die Angaben der Polizei zeigen im Lauf der vergangenen Wochen einen leichten Rückgang bei den Teilnahmezahlen bei den Protesten gegen die Maßnahmen. Am 24. Januar hatte die Polizei von rund 52 900 Menschen gesprochen, am 31. Januar und 7. Februar von jeweils gut 50 000.

Die Freien Sachsen werden vom Verfassungsschutz als «rechtsextremistische Bestrebung» eingestuft und beobachtet. Sie mobilisieren regelmäßig zu Demonstrationen gegen die Corona-Politik und hatten zuletzt immer wieder ohne Belege deutlich höhere Teilnahmezahlen behauptet, als die Polizei ermittelt hatte. Den Behörden und Medien warf die Partei vor, die Zahlen in Sachsen absichtlich kleinzurechnen. Das Landespolizeipräsidium hatte auf dpa-Anfrage aber mitgeteilt, dass die Schätzungen der Polizei «lediglich unter polizeitaktischen Gesichtspunkten zur Lagebeurteilung» vorgenommen würden.

Für ganz Deutschland zeigt eine repräsentative Online-Befragung des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), dass nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung an den Protesten gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen beteiligt ist. Im Januar hatten demnach 4,3 Prozent der Befragten angegeben, mindestens einmal daran teilgenommen zu haben.

(Stand: 9.2.2022)

Links

Informationen der Stadt Dresden zur Anzeige von Versammlungen (archiviert)

Artikel des Bayerischen Rundfunks zu rechtlichen Fragen um angebliche «Spaziergänge» (22.1.2022) (archiviert)

dpa-Faktencheck über Demo-Teilnehmer in Sachsen am 24.1.2022

dpa-Faktencheck über Demo-Teilnehmer in Sachsen am 31.1.2022

dpa-Faktencheck über Demo-Teilnehmer in Sachsen am 7.2.2022

Sächsischer Verfassungsschutz über Freie Sachsen (archiviert)

Telegram-Post der Freien Sachsen mit Unterstellung falscher Demo-Zahlen durch Polizei und Medien (archiviert)

Cemas-Studie zur Teilnahme an Protesten (17.2.2022) (archiviert)

Beitrag der Freien Sachsen auf Facebook (14.2.2022) (archiviert)

Beitrag der Freien Sachsen auf Telegram (14.2.2022) (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com