Angeblicher KSK-Oberleutnant ist bei der Bundeswehr nicht bekannt
7.1.2022, 11:53 (CET)
Geht es um Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen, so suchen vereinzelt auch Soldaten die Öffentlichkeit oder beteiligen sich an den Protesten. Nun macht in den Sozialen Netzwerken (archiviert) das Schreiben eines angeblichen ehemaligen Bundeswehrsoldaten die Runde - unter anderem an das Bundesverteidigungsministerium. Darin schreibt der Verfasser unter Angabe einer Personalnummer, er heiße Schneider und sei Oberleutnant außer Dienst. Unter anderem weil Politiker Grundrechte «ausgehebelt» hätten, gebe er Auszeichnungen und Urkunden zurück. Hunderte Veteranen würden sich ab sofort «um den Schutz von Spaziergängern kümmern» - also mutmaßlich bei Protesten Präsenz zeigen. Aber ist dieser Brief authentisch?
Bewertung
Es handelt sich vermutlich um eine Fälschung. Der Bundeswehr ist kein KSK-Oberleutnant a.D. Schneider unter dieser Personalnummer bekannt.
Fakten
Auszüge aus dem Brief wurden zunächst unter anderem auf dem Messengerdienst Telegram verbreitet - mit der Überschrift «EX-KSK Oberleutnant gibt seine 68 Auszeichnungen der Bundesregierung zurück und teilt mit, dass er sich mit weiteren 650 - 700 Veteranen um den Schutz von Spaziergängern kümmern wird».
Verlinkt wird auf Telegram auch auf den vollständigen Brief, der als PDF in einem Blog veröffentlicht, inzwischen aber wieder aus dem Netz genommen wurde. Er ist allerdings noch im Internet-Archiv «Wayback Machine» abrufbar.
Der vollständige Brief ist mit «OLt. a.D Schneider» unterschrieben. Darüber hinaus werden zwei angebliche Bundeswehr-Kennziffern genannt. Zudem wird der lateinische Leitspruch des Kommandos Spezialkräfte (KSK) «Facit Omnia Voluntas» («Der Wille entscheidet») zitiert - jedoch mit Rechtschreibfehler. Über sich selbst schreibt der Verfasser, er habe im Jahr 1996 das KSK, eine Spezialeinheit der Bundeswehr, mit aufgebaut. Zudem schule er weiterhin Spezialkräfte.
Wie Bundeswehrkreise der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilten, gab es jedoch unter den angegeben Nummern nie einen KSK-Oberleutnant Schneider. Das Schreiben und der behauptete Absender seien «frei erfunden».
In dem Schreiben wird Kritik an Politikern wegen «ausgehebelter» Grundrechte geäußert: «Die Politik sollte sich tunlichst überlegen was sie anrichten kann, wir Soldaten halten uns an unseren Eid, was man von Politikern nicht behaupten kann.»
Offenbar mit Blick auf die von Teilnehmern oft «Spaziergänge» genannten aktuellen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen in Deutschland heißt es über die «650 - 700 Veteranen», sie seien «alles Altgediente mit massiven Einsatzerfahrungen» und würden «Spaziergänger» vor der Polizei schützen. Ob es einen Zusammenschluss mit einer solchen Zahl von ehemaligen Soldaten wirklich gibt, ist nicht bekannt.
Zudem schreibt der Verfasser, die Corona-Impfpflicht in der Bundeswehr führe «zur Spaltung» der Truppe. Tatsächlich sind nach Angaben der Bundeswehr bisher (Stand: 6. Januar 2022) rund 94 Prozent der Soldatinnen und Soldaten geimpft oder genesen. Der Anteil der Geimpften ist damit deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung. Die Impfpflicht («Duldungspflicht») wurde für Bundeswehrangehörige am 24. November 2021 verhängt.
(Stand: 6.1.2021)
Links
dpa-Bericht über Drohungen eines Bundeswehrsoldaten gegen Politiker (31.12.2021) (archiviert)
Informationen zum Kommando Spezialkräfte (archiviert)
dpa-Bericht über Impfquote in der Bundeswehr (6.1.2022) (archiviert)
Tweet des Verteidigungsministeriums über Duldungspflicht (24.11.2021) (archiviert)
Vollständiger Brief (4.1.2022, archiviert)
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com