WHO-Leiter verspricht sich und kritisiert ungleiche Impfstoffverteilung

07.01.2022, 12:18 (CET)

Immer mehr Menschen in Deutschland bekommen eine Auffrischimpfung gegen das Coronavirus, auch immer mehr Kinder ab fünf Jahren werden geimpft. Das bringt Kritik ein - auch von hoher Instanz: Der Leiter der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, kritisiert immer wieder die ungleiche Verteilung von Impfstoffen. Aber hat er wirklich gesagt, dass Corona-Impfungen Kinder töten, wie auf Facebook behauptet wird? (archiviert)

Bewertung

Der Behauptung fehlt der Kontext. Die angebliche Aussage des WHO-Generalsekretärs ist tatsächlich nur ein Versprecher. Er kritisierte, dass einige Länder Kinder boostern, während in anderen Ländern der Impfstoff knapp ist.

Fakten

Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus hat sich bei einer Pressekonferenz am 20. Dezember 2021 zu den Corona-Auffrischimpfungen geäußert. Es sei besser, sich dabei auf die Gruppen zu konzentrieren, bei denen das Risiko einer schweren Erkrankung oder des Todes besteht - also ältere Menschen ab 60. Er kritisierte, dass einige Länder stattdessen «Kindern Auffrischungsimpfungen geben, was nicht richtig ist». Dies ist so im Transkript der Pressekonferenz nachzulesen.

Tedros versprach sich allerdings bei dem Satz über Kinderimpfungen. Er sagte: «Some countries are using to give boosters to kil», und korrigierte sich dann: «children, which is not right.» In einem Blogbeitrag wird deshalb die Falschbehauptung verbreitet, Tedros hätte «klar und deutlich» gesagt, dass Booster-Impfungen Kinder töten. Auch auf Twitter kursiert diese Falschbehauptung.

Tatsächlich aber kritisiert Tedros, dass einige Länder Kinder impfen, während in anderen Ländern ein Großteil der erwachsenen Bevölkerung noch keinen Zugang zu Corona-Impfstoffen hat. Er hatte schon früher auf dieses Missverhältnis aufmerksam gemacht. Im November 2021 schrieb er auf Twitter: «Jeden Tag werden weltweit sechsmal mehr Auffrischimpfungen verabreicht als Erstimpfungen in einkommensschwachen Ländern. Dies ist ein Skandal, der jetzt beendet werden muss.»

Die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland empfiehlt Corona-Impfungen derzeit für Erwachsene, Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren sowie für Kinder zwischen 5 und 11 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen oder engem Kontakt zu Risikogruppen. Sie betont aber auch, dass wegen des höheren Risikos für schwere Verläufe ältere oder vorerkrankte Menschen bei den Auffrischimpfungen bevorzugt werden sollen.

(Stand: 5.1.2022)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Transkript des WHO-Briefings (archiviert)

Blogbeitrag mit Falschbehauptung (archiviert)

Tweet mit Falschbehauptung (archiviert, Video archiviert)

Tedros-Tweet (archiviert)

Stiko-Empfehlung (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com