Keine bestätigten Nebenwirkungen: Zahlen aus WHO-Datenbank falsch interpretiert

17.12.2021, 16:42 (CET)

Die Corona-Impfung und die Sorge vor möglichen Nebenwirkungen beschäftigen viele Menschen. Immer wieder werden in diesem Kontext Zahlen präsentiert, die aus offiziellen Datenbanken stammen und zeigen sollen, wie viele Fälle von Nebenwirkungen dort registriert wurden. In einem Sharepic, das sich unter anderem auf Facebook (archiviert) verbreitet, heißt es etwa: «Über 2 Millionen Nebenwirkungen bei COVID-19-Impfstoffen!» Als Quelle wird eine Datenbank der Weltgesundheitsorganisation WHO angegeben. Hat diese wirklich derart viele Fälle verzeichnet?

Bewertung

In der WHO-Datenbank sind keine bestätigten Fälle von Nebenwirkungen aufgeführt. Es handelt sich lediglich um Meldungen von medizinischen Vorfällen in einem zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen. Kausale Zusammenhänge für einzelne Fälle können aus solchen Datenbanken nicht abgeleitet werden.

Fakten

Das Sharepic verweist auf das Tool «VigiAccess» der WHO, mit dem sich deren Datenbank «VigiBase» nach Zahlen zu verschiedenen Impfstoffen und Medikamenten durchsuchen lässt. Bereits im Sharepic findet sich ein Hinweis darauf, dass die Datenbank lediglich Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen sammelt. In der Überschrift fehlt dieser Hinweis jedoch - dort ist pauschal von «über 2 Millionen Nebenwirkungen» die Rede.

In der Datenbank selbst lassen sich solche bestätigten Fälle von Nebenwirkungen aber gar nicht aufrufen - und auch nicht aus den verzeichneten Zahlen zu Verdachtsfällen herausfiltern. Denn die Datenbank zeigt lediglich «eine grundlegende Liste der gemeldeten potenziellen Nebenwirkungen», wie es auf der Seite von «VigiAccess» heißt. Weiter steht dort, die Informationen der Datenbank sollten nicht dahingehend interpretiert werden, dass das Medikament oder der Impfstoff die möglichen Nebenwirkungen verursacht habe. Auch in einem Merkblatt über «VigiBase» heißt es, es handele sich um nicht mehr als Verdachtsfälle. In den meisten übermittelten Fällen sei kein kausaler Zusammenhang beweisbar.

Dies ist für solche Datenbanken üblich, etwa auch für die der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Die WHO trägt für ihre Datenbank nach eigenen Angaben Zahlen verschiedener nationaler Behörden zusammen. Zu irreführenden Behauptungen rund um solche Datenbanken hat die Deutsche Presse-Agentur bereits mehrere Faktenchecks veröffentlicht.

Unklar ist, zu welchem Zeitpunkt die falsch interpretierten Zahlen im Sharepic aus der WHO-Datenbank entnommen worden sind. Das Sharepic wurde erstmals am 9. Dezember 2021 im Messengerdienst Telegram verbreitet und gibt die Zahl der Verdachtsfälle bei Impfstoffen gegen das Coronavirus mit rund 2,6 Millionen an. Mittlerweile (Stand: 17. Dezember 2021) erhält man mit den Suchstichwörtern «Comirnaty» oder auch «Covid-19 vaccine» eine Angabe von rund 2,7 Millionen. Beide Suchen führen zum gleichen Ergebnis, da man mit dem Suchbegriff «Comirnaty» automatisch zu den Daten für Covid-19-Impfungen allgemein weitergeleitet wird.

(Stand: 17.12.2021)

Links

Tool «VigiAccess» der WHO mit Erläuterungen zu den Zahlen (archiviert)

Merkblatt zu «VigiBase» (archiviert)

dpa-Faktencheck zum EMA-Meldesystem (18.11.2021)

dpa-Faktencheck zu «VigiAccess» (6.8.2021)

dpa-Faktencheck zu britischem Meldesystem (18.2.2021)

Sharepic auf Telegram (archiviert)

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com