Artikel über angebliche Entführungen führen auf Datenbetrugsseiten
22.10.2021, 13:57 (CEST)
Webseiten und soziale Netzwerke können bei der Suche nach entführten Menschen helfen und Informationen sammeln. Gleichzeitig kann dies aber auch ausgenutzt werden, um die Hilfsbereitschaft von Menschen auszunutzen. In den sozialen Medien werden derzeit verschiedene Links verbreitet, die angebliche Entführungen in unterschiedlichen Städten dokumentieren sollen. Die angeblichen Tathergänge, der Autor der Artikel und die Daten in den verschiedenen Städten sind identisch.
Bewertung
Die angeblichen Entführungen sind erfunden. Sie führen auf Betrugsseiten, um an Facebook-Logindaten zu gelangen.
Fakten
Schaut man sich die verschiedenen Webseiten genauer an, die derzeit über soziale Medien verbreitet werden, fällt auf, dass die Artikel sich alle stark ähneln. Nur die verschiedenen Städte (Essen, Flensburg, Brandenburg, Ulm, Heinsberg) sind ausgetauscht. Wortlaut, Autor und Gestaltung der Artikel sind identisch. Auf allen Seiten wird von einer angeblichen Entführung berichtet, bei der, laut einem angeblichen Ortspolizisten, Interpol bereits eingeschaltet sei.
Des Weiteren sind die identischen Daten auffällig: Die Taten hätten demnach alle am 21. Oktober 2021 um 10 Uhr stattgefunden. Alle Artikel waren aber schon vor diesem Zeitpunkt online, wie die archivierten Fassungen der Webseiten beweisen. Schon dadurch wird klar: Die Behauptung dieser Entführung ist falsch. In einem früheren dpa-Faktencheck wurde bereits ein angeblicher Entführungsfall in Hückelhoven (NRW) mit einer identischen Gestaltung als Erfindung enttarnt.
Klickt man auf das angebliche Video in dem Artikel, dass den Vorfall bezeugen soll, wird man auf eine vermeintliche Facebook-Loginseite geleitet. Dies ist jedoch keine echte Facebook-Seite, sondern eine Fälschung, um an die Logindaten von Nutzerinnen und Nutzern zu gelangen. Erkennbar ist dies besonders durch die geänderte URL, die dazu auffordert, das Alter zu verifizieren, um das angebliche Entführungsvideo zu sehen.
Wie bei vielen Webseiten mit Falschbehauptungen fällt auch hier die Internetadresse der Homepage ins Auge. Sie lautet «weisestrasse4.casa» - eine völlig unübliche Adresse für ein deutschsprachiges Medium. Auf der fast leeren Startseite finden sich auch nur zwei Ordner. Bei unseriös wirkenden Webseiten sollte man grundsätzlich nicht unbedacht auf Links klicken - vor allem nicht, wenn man zur Eingabe persönlicher Daten aufgefordert wird.
(Stand: 22.10.2021)
Links
Artikel zur angeblichen Entführung in Heinsberg (archiviert)
Artikel zur angeblichen Entführung in Ulm (archiviert)
Artikel zur angeblichen Entführung in Flensburg (archiviert)
Artikel zur angeblichen Entführung in Essen (archiviert)
Artikel zur angeblichen Entführung in Brandenburg (archiviert)
Archivierte Startseite der Internetseite
Archivierte gefälschte Facebook-Loginseite
dpa-Faktencheck vom 04.10.2021 zu angeblicher Entführung in Hückelhoven
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com