Rekordkälte am Südpol 2021 ändert nichts am Klimawandel

14.10.2021, 12:09 (CEST)

Die Wintermonate am Südpol waren in diesem Jahr - trotz Klimawandels - besonders kalt. Auf Facebook wird ein Screenshot von einer entsprechenden Meldung verbreitet, darüber der Hashtag #klimalüge und ein ironisches Statement (archiviert). Aber sind die niedrigen Temperaturen im antarktischen Winter wirklich ein Beleg dafür, dass es keine Erderwärmung gibt?

Bewertung

Teilweise falsch. Der antarktische Winter ist diesmal tatsächlich extrem kalt ausgefallen. Solche kurzzeitigen Extreme widerlegen aber keine langfristigen Klimatrends. Denn das Eis in der Antarktis ist in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgegangen. Außerdem waren die Temperaturen an den meisten anderen Orten der Erde in diesen Monaten überdurchschnittlich hoch.

Fakten

Die Temperaturen in der Antarktis waren zwischen April und September 2021, also in der kalten Jahreszeit der Südhalbkugel, tatsächlich außergewöhnlich niedrig. Der Wissenschaftsjournalist Stefano di Battista berichtete auf Twitter von einer Durchschnittstemperatur von -61,1° Celsius am geografischen Südpol, der «kältesten je gemessenen».

Die «Washington Post» nannte die Zahl in einem Artikel und ließ sie sich vom «Global Modeling and Assimilation Office» der NASA bestätigen. Verschiedene deutsche Wetterseiten im Internet griffen das Thema anschließend auf. Der Screenshot auf Facebook stammt vermutlich von einer Mobilversion dieses Artikels auf Wetter.de.

Mehrere in der «Washington Post» zitierte Wissenschaftler führen die diesjährige Kälte auf einen besonders starken antarktischen Polarwirbel zurück. Dieses Windphänomen hält - stark vereinfacht ausgedrückt - kalte Luft über der Antarktis und ist in diesem Jahr besonders stark ausgefallen.

Solche Wetterextreme lassen sich aber weder als Beleg für noch gegen den Klimawandel verwenden. Denn der Begriff Klima bezeichnet langfristige Trends, die über Jahre und Jahrzehnte beobachtet werden. Der Begriff Wetter hingegen beschreibt Phänomene wie Niederschläge, Temperaturen und Wind in einem kurzen Zeitraum. Dass in einzelnen Jahren das Wetter von langfristigen Trends abweicht, ist nicht ungewöhnlich.

Im 2013 veröffentlichten Bericht des Weltklimarats, an dem hunderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mitgearbeitet haben, ist der langfristige Trend klar formuliert worden: «Die Erwärmung des Klima-Systems ist unmissverständlich und viele der seit den 1950er Jahren beobachteten Veränderungen sind ohne Vergleich in den vergangenen Jahrzehnten bis Jahrtausenden.

Eine Karte des amerikanischen National Centers for Environmental Information zeigt außerdem, dass in den Monaten Juni, Juli und August 2021 fast überall sonst auf der Welt höhere Durchschnittstemperaturen herrschten als in der Vergleichsphase 1981 bis 2010.

Wie sich der Klimawandel auf die Antarktis als Ganzes auswirkt, ist noch nicht abschließend erforscht. Die antarktische Halbinsel habe sich im Norden des Kontinents in den vergangenen Jahrzehnten stärker erwärmt als jeder andere Ort auf der Südhalbkugel, schreibt das amerikanische National Center for Atmospheric Research. Gleichzeitig zeigen NASA-Daten, die der Klimawissenschaftler Zachary Labe auswertet und in Grafiken umsetzt, dass das Eis über der Landmasse der Antarktis stark zurückgegangen ist.

(Stand: 13.10.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Tweet vom 1.10.2021 von Stefano di Battista (archiviert)

Artikel in der Washington Post vom 2.10.2021 (archiviert)

Global Modeling and Assimilation Office der NASA (archiviert)

Artikel bei wetter.de zu Rekordkälte am Südpol vom 4.10.2021 (archiviert)

Erklärung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik Wien zum Unterschied zwischen Wetter und Klima (archiviert)

Bericht des Weltklimarats von 2013 (archiviert)

Karte der National Centers for Environmental Information mit weltweiten Temperaturen im Sommer 2021 (archiviert)

EurekAlert zu Auswirkungen der antarktischen Polarwirbel (archiviert)

National Center for Atmospheric Research zu Forschungsstand (archiviert)

Grafik zu Rückgang des Landeises in der Antarktis von Zachary Labe (archiviert)

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