Zählung korrekt: Briefwahlstimmen wurden einer anderen Gemeinde zugerechnet

01.10.2021, 16:51 (CEST)

In sozialen Netzwerken kommt es vor, dass Zahlen in einen falschen Kontext gestellt werden. In einem aktuellen Facebook-Post wird behauptet, dass bei der Bundestagswahl die Wahlbeteiligung in einem Wahlkreis in Sachsen bei 115,7 Prozent lag (archiviert). Aber wurde dort betrogen oder gab es gar wie behauptet ein «Drehbuch» für die Wahl?

Bewertung

In diesem Fall fehlt der Kontext. Teilweise richtete eine größere Gemeinde für umliegende Gemeinden die Briefwahl aus. Diese Stimmen wurden mit der Wahlbeteiligung in der ausrichtenden Gemeinde addiert. Deswegen können Prozentzahlen über 100 Prozent zustande kommen.

Fakten

Vor allem wegen der Corona-Pandemie hat es bei der diesjährigen Bundestagswahl einen hohen Anteil an Stimmen gegeben, der per Briefwahl abgegeben wurde. Laut Bundeswahlleiter können es bis zu 40 Prozent sein. Dieser hohe Anteil an Briefwählenden hat in einigen Gemeinden in Sachsen zu einer rechnerischen Wahlbeteiligung von mehr als 100 Prozent geführt, hat das Statistische Landesamt Sachsen in einer Pressemitteilung erklärt.

Der Grund: Diese Gemeinden halfen bei der Ausführung der Briefwahl für andere Gemeinden. Die Anzahl der Wahlberechtigten der ausrichtenden Gemeinde blieb allerdings gleich. So kam es, dass die Briefwahlstimmen der anderen Gemeinden auf die der ausführenden Gemeinde aufgerechnet wurden. Im Umkehrschluss wurden die Stimmen aus den Wahlkreisen, aus welchen sie kamen, dort nicht eingerechnet. Dort war die Wahlbeteiligung also niedriger. So werden am Ende keine Stimmen doppelt gezählt und der Durchschnitt der Wahlbeteiligung bleibt gleich.

Genauso war es im Fall der Gemeinde Panschwitz-Kuckau in Sachsen, die in den sozialen Medien als vermeintliches Beispiel für eine unsaubere Durchführung der Wahl angeführt wird. Dort lag die Wahlbeteiligung tatsächlich bei 115,7 Prozent. Diese Zahl kommt zustande, weil darin auch die Briefwahlstimmen aus den umliegenden Gemeinden Räckelwitz, Ralbitz-Rosenthal, Crostwitz und Nebelschütz enthalten sind. Das schreibt das Statistische Landesamt. Wie im Sharepic zu sehen ist, stammt die Prozent-Abgabe von der «Sächsischen Zeitung», die später auch selber über die überdurchschnittliche Wahlbeteiligung berichtet hat.

In Panschwitz-Kuckau waren laut der Internetseite des Landeswahlleiters in Sachsen 1620 Menschen wahlberechtigt. 1875 Wählende haben aber ihre Stimme abgegeben. Demnach soll es 11,9 Prozent mehr Wähler und Wählerinnen in Panschwitz-Kuckau im Vergleich zu vergangenen Bundestagswahl 2017 gegeben haben.

Beim Vergleich mit den Nachbargemeinden wie zum Beispiel Nebelschütz zeigt sich, dass dort 7,7 Prozent weniger Menschen mit Wahlschein gewählt haben. Auch in Räckelwitz ging die Wahlbeteiligung in örtlichen Wahlbüros um 6,0 Prozent zurück. Das kann darauf hinweisen, dass diese Personen ihre Stimme in diesem Jahr per Briefwahl abgegeben haben. Sie würden dann in der Statistik in einer anderen Gemeinde auftauchen als bei der vergangenen Wahl.

(Stand: 28.9.2021)

Links

Facebook-Post (archiviert)

Bericht zu Beteiligung per Briefwahl (archiviert)

Presseinformation Statistisches Landesamt Sachsen (archiviert)

Ursprung des Sharepics bei «saechsische.de» (archiviert)

Bericht bei «saechsische.de» (archiviert)

Wahlbeteiligung Panschwitz-Kuckau (archiviert)

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