Wahlrecht schreibt keine Siegel an Wahlurnen vor - Verschluss und Beaufsichtigung ausreichend

27.9.2021, 16:30 (CEST), letztes Update: 29.9.2021, 14:21 (CEST)

Eine häufige Erzählung von Falschinformationen rund um Wahlen ist die des vermeintlich massenhaften Wahlbetrugs. Auch im Zusammenhang mit der Bundestagswahl kursierten in sozialen Medien Beiträge, die diese Erzählung aufgegriffen haben. In einem aktuellen Beitrag etwa heißt es: «Geht schon los mit Wahlbetrug. Gebrochenes Siegel. Preußisch Oldendorf.» Dazu sind zwei Fotos einer Wahlurne zu sehen (hier archiviert). Auf einem Foto wirft eine Hand gerade einen Stimmzettel in die Wahlurne. Auf einem anderen Foto ist eine Nahaufnahme des Siegels an der Urne zu sehen - und dass es durchtrennt ist. Ist das tatsächlich ein Beleg für Wahlmanipulation?

Bewertung

Siegel an Wahlurnen sind in der Bundeswahlordnung nicht vorgeschrieben - nur ein Verschluss ist obligatorisch. Ein solcher ist auf dem Foto erkennbar. Manipulation verhindert vor allem der mehrköpfige Wahlvorstand, der die Wahlurnen beaufsichtigt. Das durchtrennte Siegel stammt laut örtlichem Bürgermeister von einer älteren Wahl.

Fakten

In der Bundeswahlordnung ist vorgeschrieben, dass die Wahlurne einen Deckel und bestimmte Maße haben muss. Außerdem muss sie verschließbar sein. Wie genau sie verschlossen werden soll, ist dagegen nicht vorgeschrieben - möglich wäre hier etwa ein Siegel oder ein Schloss.

Die Stimmzettel in den Wahlurnen werden vor allem durch Beaufsichtigung vor Manipulation oder Missbrauch geschützt: Am Wahltag beaufsichtigen mehrere Menschen gleichzeitig die Wahlurne. «Durch die durchgängige Besetzung des Wahlraumes mit Wahlvorstand und Wahlhelfern sowie der Gewährleistung der Öffentlichkeit der Wahl ist die Wahlurne vor Fremdzugriff bzw. vorzeitige Öffnung geschützt», teilte eine Sprecherin des Bundeswahlleiters auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit.

Laut dem Beitrag soll sich die Wahlurne auf dem Foto in Preußisch Oldendorf in Nordrhein-Westfalen befunden haben. Das bestätigte der dortige Bürgermeister Marko Steiner (parteilos) auf dpa-Anfrage. Zuvor hatte er die Hintergründe des Siegel-Fotos bereits der Deutschen Welle (DW) und Faktencheckern von Correctiv erläutert.

Laut Bürgermeister Steiner war das Siegel bei einer älteren Wahl verwendet worden. «Wir können nicht mehr nachvollziehen, von welcher Wahl das Siegel stammt», sagte Steiner der dpa. Mittlerweile setze seine Stadt gar keine Siegel mehr ein, sondern Schlösser. Das ist auch auf dem Foto erkennbar. Der Wahlvorstand habe der Stadtverwaltung noch einmal bestätigt, dass die Urne bei der Prüfung vor Beginn der Wahl leer gewesen und dann mit einem Schloss verschlossen worden sei, sagte Steiner. Das sei auch in der Niederschrift des Wahlvorstands dokumentiert.

(Stand: 27.9.2021)

Links

Bundeswahlordnung § 51 zu Wahlurnen (archiviert)

Bundeswahlordnung § 6 zur Anwesenheit des Wahlvorstands (archiviert)

DW-Bericht mit Aussagen von Bürgermeister Marko Steiner (archiviert)

Correctiv-Bericht mit Aussagen von Bürgermeister Marko Steiner(archiviert)

Facebook-Beitrag mit der falschen Behauptung (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com