Polkappen schmelzen kontinuierlich - dünneres Eis führt zu mehr vulkanischer Aktivität
24.9.2021, 14:34 (CEST)
Dass das Landeis in der Arktis und der Antarktis unter anderem als Folge der Klimaerwärmung seit Jahrzehnten immer weiter schwindet, haben Satellitenmessungen und wissenschaftliche Untersuchungen längst bewiesen. Dennoch beteuern noch immer einige Portale im Netz das Gegenteil (archiviert): Die Polschmelze sei schon seit einiger Zeit nicht nur zum Stillstand gekommen - das Polareis nehme sogar wieder zu. Und zur Ursache heißt es: «VON WEGEN MENSCHENGEMACHTE KLIMAWANDEL-POLSCHMELZE: ARKTIS & ANTARKTIS WERDEN VON UNTERWASSERVULKANEN ERHITZT!» Angeblich wüssten Geologen und andere Experten schon lange, dass Vulkane für das Abschmelzen des Eises verantwortlich seien - und «nicht der minimale CO2-Ausstoß des Menschen».
Bewertung
Das Polareis nimmt weiterhin ab. Das liegt in erster Linie am Einfluss des Menschen auf das Klima. Die vulkanische Aktivität nimmt zu, weil das Eis schwindet.
Fakten
Einer im Juni 2018 veröffentlichten Nasa-Studie zufolge hat sich die Eisschmelze in der Antarktis seit 2012 verdreifacht. Laut den Forschern haben die Verluste dazu geführt, «dass der Meeresspiegel heute schneller steigt als je zuvor in den letzten 25 Jahren».
Mit Blick auf die Polargebiete ist es wichtig, zunächst zwei Eisarten auseinanderzuhalten: Das Meereis schwimmt, wie der Name sagt, auf dem Meer. Wenn es schmilzt, wirkt sich das nur wenig auf den Meeresspiegel aus.
Das Landeis hingegen sind im Grunde Jahrtausende alte Gletscher. Etwa 60 Prozent des gesamten Süßwassers der Erde sind im antarktischen Eisschild gespeichert. Würde es schmelzen, befürchten Wissenschaftler einen Anstieg des Meeresspiegels um mehr als 50 Meter.
Eine Zunahme des Eises, die in der Antarktis gelegentlich beobachtet wird, bezieht sich ausschließlich auf das Meereis. Klar ist bisher nur, dass dessen Ausdehnung im Winter zunimmt – verlässliche Daten über die Dicke des Eises liegen nicht vor. Bewiesen ist hingegen, dass die Masse des antarktischen Landeises seit Jahren zurückgeht. Und dieser Schwund beschleunigt sich – zwischen 2002 und 2011 schmolz laut dem IPCC-Bericht von 2013 pro Jahr rund fünfmal so viel Landeis wie im Jahrzehnt zuvor.
Ähnlich dramatisch ist die Lage auf der Nordhalbkugel: «Nirgendwo macht sich der Klimawandel so deutlich bemerkbar wie in der Arktis», sagt etwa das Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. «In den vergangenen 35 Jahren haben sich Fläche und Dicke des arktischen Meereises im Sommer etwa halbiert», betont Klimaforscher Dirk Notz.
Die Abnahme des arktischen Meereises verlangsamte sich zwischen 2012 und 2020 im Vergleich zu den Vorjahren zwar, dennoch schmilzt es kontinuierlich, wie Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum Hereon bestätigten.
Auch die These, nicht der Mensch, sondern vor allem eine Vielzahl unterirdischer Vulkane sei schuld am Rückgang des Eises, ist falsch. Zwar gibt es Vulkane unter den Eismassen der Polkappen, verantwortlich für ihr Abschmelzen sind sie nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen jedoch nicht. Im Gegenteil: «Durch den Klimawandel verliert die Westantarktis Eis an den Ozean. Dadurch lastet weniger Gewicht auf dem darunterliegenden Gestein. Es entspannt sich. Und das führt zu einer stärkeren vulkanischen Aktivität unter dem Eis», sagt der US-Geophysiker John Behrendt von der Universität von Colorado in Boulder.
Für den Rückgang des Meereises ist der Einfluss des Menschen auf das Klima mitverantwortlich, Ursache ist die Zunahme von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre: «Die Treibhausgase erhöhen die einfallende Wärmestrahlung in der Arktis, was sich unmittelbar auf den Wärmehaushalt des Meereises auswirkt.»
«Die Arktis ist ein Hotspot des Klimawandels», sagt auch Florian Seitz von der Technischen Universität München. «Durch die steigenden Temperaturen gehen die Gletscher Grönlands zurück, gleichzeitig schmilzt das Meereis».
(Stand: 21.9.2021)
Links
Artikel von «unserenatur.net» (archiviert)
Arktisches Meereis (archiviert)
Vulkanausbrüche in der Antarktis: Brodeln unterm Eis (archiviert)
Gletscher (Polare Gebiete)(archiviert)
IPCC-Bericht 2013 (archiviert)
Nasa-Bericht von 2018 (archiviert)
Klimaforscher Notz beim Max-Planck-Institut (archiviert)
dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com