Bundestagswahl ist sicher - Keine Manipulation bei US-Wahl nachgewiesen

20.09.2021, 16:32 (CEST)

Verschwörungsideologen nehmen die Bundestagswahl vermehrt mit Lügengeschichten ins Visier und fabulieren über einen vermeintlichen Wahlbetrug. Jüngst heißt es, Dominion-Wahlsysteme, die bei der US-Präsidentenwahl zum Einsatz kamen, würden auch bei der Abstimmung in Deutschland am 26. September 2021 «mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,99 Prozent» angewendet. «Mit absoluter Wahrscheinlichkeit dürfen wir davon ausgehen, dass hier Wahlbetrug durchgeführt werden wird», heißt es etwa in einer Sprachnachricht etwa auf dem Messengerdienst Telegram (archiviert).

Bewertung

Falsch. Bei der Bundestagswahl kommen keine Wahlcomputer zum Einsatz. Zudem gibt keine zentral gesteuerte Software. Bei keinem Gerichtsverfahren in den USA wurde bisher nachgewiesen, dass es Manipulationen bei der Präsidentenwahl 2020 gegeben habe.

Fakten

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat sofort nach seiner Wahlniederlage im November 2020 von Wahlbetrug schwadroniert - doch bis heute keinerlei stichhaltige Beweise vorgelegt.

Ganz im Gegenteil: Der Wahlmaschinenhersteller Dominion geht rigoros gegen diejenigen vor, die unbelegt Vorwürfe verbreiten, die Software der Firma habe in mehreren Bundesstaaten Trump-Stimmen letztlich Biden zugerechnet. Einige von Trumps Verbündeten - etwa seine Anwälte Rudy Giuliani und Sidney Powell oder die TV-Sender Fox News, Newsmax und One America News - wurden wegen solcher Behauptungen auf Schadenersatz teils in Milliardenhöhe verklagt. Nie wurden vor Gericht Beweise für die Anschuldigungen gegen Dominion vorgelegt.

Alle rechtlichen Schritte Trumps gegen die Wahl sind kläglich gescheitert: Der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) und Dutzende Gerichte wiesen Klagen gegen angeblichen Wahlbetrug ab. Auch das Justizministerium erklärte, es habe keine Beweise für größere Fälle von Wahlbetrug gegeben. Dass mit Dominion-Maschinen oder -Systemen Wahlbetrug Tür und Tor geöffnet sei, ist also schon von vornherein falsch.

Doch bei der Bundestagswahl wird sowieso nicht per Wahlcomputer abgestimmt. Bundeswahlleiter Georg Thiel, der über den ordnungsgemäßen Ablauf der Bundestagswahl wacht, teilt zudem auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit: «Es gibt keine zentrale Software.»

Die vom Bundeswahlleiter eingesetzte Wahlsoftware werde vor der Abstimmung ausführlich auf korrekte Funktion gemäß den Vorgaben der Bundeswahlordnung geprüft, so Thiel. Installierte Softwarekomponenten und IT-Systeme werden vor ihrem Einsatz vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) im Auftrag geprüft.

Wenn die Ergebnisse am Wahlabend elektronisch zwischen den einzelnen Ebenen (vom Wahlbezirk über Gemeinden, Kreise, Länder bis hin zum Bundeswahlleiter) übermittelt werden, werden sie nach Angaben des Bundeswahlleiters immer auf Plausibilität geprüft. Ist etwas unplausibel, wird das zwischen den den einzelnen Ebenen besprochen.

Die irreführende Telegram-Sprachnachricht zum vermeintlichen Betrug über Dominion-Wahlmaschinen in Deutschland gehörte bereits am Tag seiner Veröffentlichung (3. September) mit mehr als 77 000 Views zu den reichweitenstärksten Nachrichten zum Thema Bundestagswahl auf verschwörungsideologischen Kanälen auf dem Messengerdienst. Das hat das Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) herausgefunden, das sich unter anderem mit Verschwörungsideologien und Desinformation im Netz auseinandersetzt.

Nach CeMAS-Untersuchungen zeigt vor allem die US-Präsidentenwahl, wie die Hetze im Netz gegen die Abstimmung zu einer realen Gefahr werden kann. Nach Bidens Sieg seien die Nachrichten zum Thema Wahlbetrug in öffentlichen Telegram-Gruppen und -Kanälen in die Höhe geschnellt. «Die permanente Wiederholung von Falschbehauptungen in Kombination mit der Mobilisierung gegen Briefwahlen als Vehikel eines angeblichen Wahlbetruges gipfelte dort in der Stürmung des Kapitols im Januar 2021», heißt es von den Analysten.

Auch in Deutschland werde versucht, das Vertrauen in eine demokratisch legitimierte Wahl zu zerstören. «Das ist gefährlich für unsere Demokratie insgesamt», sagt der Politikwissenschaftler Josef Holnburger der dpa. Er ist Datenwissenschaftler und einer der Geschäftsführer des CeMAS.

(Stand: 20.9.2021)

Links

Bundeswahlleiter Thiel über Sicherheit der Bundestagswahl (archiviert)

Homepage des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS)

dpa-Meldung über Dominion-Klage gegen Trump-Anwälte (archiviert)

Meldung über Dominion-Klage gegen TV-Sender (archiviert)

Meldung über Klagen vor Supreme Court (archiviert)

CeMAS über Desinformation über Wahlen (archiviert)

Telegram-Post mit Falschbehauptung (archiviert - via Chrome, Safari und Edge zugänglich)

Aktivitäten um den Telegram-Post mit Falschbehauptung

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