Baerbock-Text falsch wiedergegeben
2.8.2021, 12:06 (CEST)
Der Meeresspiegel steige an, weil Flüsse ins Meer mündeten - so erklärt Annalena Baerbock angeblich den Klimawandel, wenn man einem auf Facebook verbreiteten Screenshot (archiviert) einer Artikelüberschrift Glauben schenken darf.
Bewertung
Sowohl der Post mit dem Screenshot als auch der eigentliche Artikel konstruieren eine Aussage, die sich so nicht auf der als Quelle angegebenen Homepage von Annalena Baerbock finden lässt.
Fakten
Der Screenshot zeigt die Überschrift eines Artikels der Seite «report24.news» vom 21. Juli 2021: «Annalenas Klimawandel: Meeresspiegel steigt, weil Flüsse ins Meer münden». Dieser Behauptung folgen Zitate und der Screenshot eines Textes von Annalena Baerbocks Homepage, der in sogenannter Leichter Sprache gehalten ist. Dort ist zu lesen:
«Wir Grünen wollen die Natur schützen. Unserer Natur geht es schlecht. Auf der ganzen Welt ist es zu warm. Vor 100 Jahren war es nicht so warm. Das Klima hat sich geändert. Das heißt: Klima-Wandel. Der Klima-Wandel ist schlecht für unsere Umwelt.
Das ist auch für uns Menschen schlecht. Das viele Wasser fließt ins Meer. So steigt das Wasser im Meer immer höher. Dort wo früher die Küste war, ist heute schon das Meer. Dann verlieren viele Menschen ihr Haus.
Die Fach-Leute sagen: Der Klima-Wandel wird schlimmer. Die Erde wird immer wärmer. Dann ändert sich das Wetter. Das darf nicht passieren. Deshalb will ich unsere Natur schützen.»
Diese Passage wird auch von «report24.news» zitiert und als Beleg für die Behauptung in der Überschrift angeführt. Der Text enthält die Aussage «Meeresspiegel steigt, weil Flüsse ins Meer münden» allerdings gar nicht. Von Flüssen ist überhaupt nicht die Rede. Dort steht nur: «Das viele Wasser fließt ins Meer. So steigt das Wasser im Meer immer höher»; im Gesamtkontext werden außerdem der Klimawandel und veränderte Wetterlagen als Ursache genannt.
Der Autor des Kommentars auf «report24.news» schreibt in Bezug auf den in leichter Sprache verfassten Beitrag Baerbocks abschätzig: «Leichte Sprache ist eine der neuesten Erfindungen der Linken und Guten, um die deutsche Sprache auch jenseits des Genderwahns weiter zu verunstalten. Damit könne man Kleinkinder, Behinderte und Ausländer besser erreichen - also die grüne Stammklientel.»
Tatsächlich soll das inklusive Konzept der Leichten Sprache für Barrierefreiheit und besseren Verständlichkeit in und von Texten sorgen. Für wen ist Leichte Sprache gedacht? Die Lebenshilfe Bremen nennt vor allem «Menschen mit geistiger Behinderung» sowie Menschen mit Problemen beim Lesen und Schreiben, Menschen, die gerade Deutsch lernen, alte Menschen und Jugendliche sowie Menschen, die auf Gebärdensprache angewiesen sind.
Das Konzept der Leichten Sprache wird auch von der Bundesregierung für Informationen über das Coronavirus angewandt. Für die Bundestagswahl 2021 haben bisher unter anderem die SPD und die Linke Wahlprogramme auch in Leichter Sprache veröffentlicht. Für die Landtagswahl im Frühjahr 2021 in Baden-Württemberg haben mit Ausnahme der AfD alle im Landtag vertretenen Parteien ein Programm in Leichter Sprache veröffentlicht.
(Stand: 30.7.2021)
Links
Kommentar auf «report24.news» (archiviert)
Text auf der Homepage von Annalena Baerbock (archiviert)
Lebenshilfe Bremen: Was ist leichte Sprache? (archiviert)
Informationen der Bundesregierung in leichter Sprache (archiviert)
Wahlprogramm der SPD in leichter Sprache (archiviert)
Kurzwahlprogramm der Linken in leichter Sprache (archiviert)
Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg: Wahlprogramme in Leichter Sprache und Gebärdensprache (archiviert)
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com