Anteil der Fehlgeburten in Studie zu mRNA-Impfung liegt im Durchschnitt

15.7.2021, 11:18 (CEST)

Manche Menschen haben Angst vor negativen Folgen der Covid-19-Impfung. Dazu tragen auch irreführende Behauptungen bei, derzeit etwa um eine Studie des «New England Journal of Medicine». In einem Facebook-Posting (archiviert) heißt es etwa, die Studie habe ein «erschreckendes Ergebnis» zutage gebracht: 12,6 Prozent Fehlgeburten nach Covid-19-Impfung. Trotz einer Fehlgeburt auf je acht Schwangere hätten die Studienautoren keine «offensichtlichen Sicherheitssignale» erkennen wollen. Damit wird suggeriert, dass 12,6 Prozent Fehlgeburten ein besorgniserregend hoher Wert seien.

Bewertung

Hier fehlt nötiger Kontext. Tatsächlich hatten der Studie zufolge 12,6 Prozent der Frauen eine Fehlgeburt. Dieser Wert liegt allerdings im Durchschnitt. Die vorläufigen Ergebnisse der Studie deuten nicht auf Sicherheitsbedenken hin. Das bestätigen Angaben mehrerer Gesundheitsinstitutionen.

Fakten

In der Studie des «New England Journal of Medicine» (NEJM) steht, dass – obwohl nicht gänzlich miteinander vergleichbar - der Anteil der Studienteilnehmerinnen mit negativer Schwangerschaftsentwicklung ähnlich hoch zu sein scheint wie der Anteil, der bei Untersuchungen vor der Corona-Pandemie festgestellt wurde. Fehlgeburten zählen zu solchen negativen Ausgängen. Nach den vorläufigen Ergebnissen hätten sich bei Schwangeren, die mRNA-Covid-19-Impfstoffe erhalten hatten, keine Sicherheitsbedenken gezeigt.

Von 3 958 Teilnehmerinnen hatten 827 eine vollendete Schwangerschaft, deren Daten flossen also in die Berechnung der Fehlgeburten hinein. 115 dieser 827 Frauen (13,9 Prozent) hatten einen «Schwangerschaftsverlust» («pregnancy loss»). 712 Teilnehmerinnen (86,1 Prozent) hatten eine sogenannte Lebendgeburt («live birth»).

104 Frauen (12,6 Prozent) erlitten eine Fehlgeburt («spontaneous abortion»), eine Frau eine Totgeburt (0,1 Prozent) und zehn Frauen (1,2 Prozent) hatten eine Abtreibung oder eine Eileiterschwangerschaft, die nicht ausgetragen werden kann.

Die Häufigkeit von Fehlgeburten bei den Studienteilnehmerinnen liegt damit völlig im Durchschnitt, wie die folgenden Daten zeigen. Da die Studie mit Daten zur US-Bevölkerung durchgeführt wurde, werden hier auch zum Vergleich amerikanische Daten herangezogen, aufgrund regionaler Unterschiede aus verschiedenen Quellen.

Dem medizinischen Journal The Lancet (2021) zufolge liegt das Gesamtrisiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, unter allen wahrgenommenen Schwangerschaften bei 15,3 Prozent. Die US-Stiftung March of Dimes gibt das Risiko mit 10 bis 15 Prozent an. Die US-Organisation Planned Parenthood nennt 10 bis 20 Prozent. Laut dem wissenschaftlichen Informations-Portal Science Direct (2019) ist die Fehlgeburt die häufigste Komplikation in der Schwangerschaft. Berichten zufolge hätten 12 bis 24 Prozent der Frauen mit positivem Schwangerschaftstest eine Fehlgeburt.

Allerdings wies das NJEM auch darauf hin, dass noch mehr Studien nötig seien, etwa zu früheren Schwangerschaftsphasen. Die meisten Frauen hatten ihre erste Impfdosis nämlich in einem späteren Stadium der Schwangerschaft erhalten. Daher wird darauf hingewiesen, dass der Anteil der Schwangeren, welche eine Fehlgeburt hatten, möglicherweise nicht die wahre Anzahl in Bezug auf die Impfung wiederspiegeln würde, da Teilnehmerinnen nach der Phase des größten Risikos im ersten Trimester geimpft worden waren. Sehr frühe Fehlgeburten könnten möglicherweise nicht erkannt worden sein.

Die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) schreibt, dass nach der derzeitigen Datenlage keine Sicherheitsbedenken für schwangere Frauen bestünden, die geimpft wurden. Die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland empfiehlt die «generelle Impfung» aufgrund fehlender Forschungsergebnisse bislang nicht. Schwangeren, die ein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung oder eine schwere Erkrankung hätten, könne aber ein mRNA-Impfstoff angeboten werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) rät seit Mai ausdrücklich zu einer Impfung mit den vom NEJM untersuchten mRNA-Impfstoffen. Eine «systematische Nachbeobachtung» so geimpfter Schwangerer in den USA habe «keinen Hinweis» auf vermehrte Komplikationen wie Fehlgeburten ergeben. Eine Covid-19-Erkrankung hingegen führe «gehäuft» zu Komplikationen.

(Stand: 14.7.2021)

Links

Facebook-Postingarchiviert

Studie des «New England Journal of Medicine» (NEJM) (archiviert)

The Lancet zu Fehlgeburten (2021) (archiviert)

US-Stiftung March of Dimes zu Fehlgeburten (archiviert)

US-Organisation Planned Parenthood zu Fehlgeburten (archiviert)

Wissenschaftsportal Science Direct zu Fehlgeburten (archiviert)

Informationen des Centers for Disease Control zu Impfungen bei Schwangeren (archiviert)

Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) zu Impfungen bei Schwangeren (archiviert)

Empfehlung der Ständige Impfkommission (STIKO) zu Impfungen bei Schwangeren (archiviert)

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