Gesetzesnovelle verlängert ausschließlich Bestimmungen für Einreisende aus Risikogebieten

02.07.2021, 09:19 (CEST)

Seit Beginn der Corona-Pandemie werden durch die Infektionsschutzmaßnahmen in Deutschland Grundrechte eingeschränkt. Wird das so weitergehen, selbst wenn der Bundestag die epidemische Lage für beendet erklärt? Diese Sorge wird in den sozialen Netzwerken geteilt, unter anderem aufgrund einer Novelle im Infektionsschutzgesetz, die angeblich «versteckt» durchgesetzt werden sollte (hier archiviert).

Bewertung

Die Behauptungen sind irreführend. Die Änderung enthält keine neuen Grundrechtseinschränkungen. Sie betrifft nur Menschen, die nach Beenden der epidemischen Lage in Deutschland aus einem Risikogebiet einreisen und ist auf ein Jahr beschränkt.

Fakten

In der Beschlussempfehlung, auf die sich die verschiedene Facebook-Posts beziehen, geht es ausschließlich um Vorgaben für Einreisende aus Risikogebieten. Das Infektionsschutzgesetz solle dahingehend geändert werden, dass diese Vorgaben verlängert werden können – auf bis zu ein Jahr nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage. Diese Änderung wurde am 24. Juni 2021 im Bundestag angenommen.

Durch die Änderung von Paragraf 36 Absatz 12 des Infektionsschutzgesetzes können Einreisende bis zu einem Jahr nach Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage zu einer Quarantäne und zu Test- oder Impfnachweisen sowie zur Angabe von Daten zur Kontaktnachverfolgung verpflichtet werden. Vorher galt, dass dies direkt nach Ende der epidemischen Lage in Deutschland ausgeschlossen war - unabhängig davon, wie die Epidemie sich in anderen Ländern entwickelt.

Dass durch das Infektionsschutzgesetz grundsätzlich verschiedene Grundrechte eingeschränkt werden, ist nicht neu. Die Deutsche Presse-Agentur hat dies bereits in einem Faktencheck thematisiert.

Die Einschränkung der Grundrechte für die Einreisenden ist in der Beschlussempfehlung unter Artikel 10 gesondert aufgeführt. Grund ist das sogenannte Zitiergebot. Es soll sicherstellen, dass keine unbeabsichtigten Grundrechtseingriffe erfolgen.

Doch warum ist nun aber eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes in einem ganz anderen Gesetzentwurf «versteckt», wie einige Facebook-Nutzer vermuten? In dem Gesetzentwurf, der am 24. Juni 2021 beschlossen wurde, ging es um die Vereinheitlichung des Stiftungsrechts. Die Änderung von Paragraf 36 Artikel 12 des Infektionsschutzgesetzes taucht als Zusatz auf. Es handelt sich um ein sogenanntes Omnibusverfahren. Dabei werden mehrere Sachverhalte zusammen in einen Änderungsantrag gepackt. Dies soll Zeit sparen, weil so beispielsweise die erste Lesung oder die Anhörung entfallen kann.

Dieses Verfahren wird vor allem von der Opposition kritisiert. In diesem Fall jedoch bedeutet die Gesetzesänderung keine «versteckten» neuen Grundrechtseinschränkungen. Sie besagt auch nicht, dass Grundrechtsbeschränkungen ohne epidemische Lage grundsätzlich aufrechterhalten werden können oder es zu einer Impfpflicht oder ähnlichem kommt, wie in einigen Facebook-Posts behauptet.

Auf Verlangen der AfD wurde über die Artikel 9 und 10, die den Infektionsschutz betreffen, gesondert abgestimmt.

Links

Facebook-Post (archiviert)

Beschlussempfehlung des Bundestags (archiviert)

Bundestag zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (archiviert)

Bisheriges Infektionsschutzgesetz Paragraf 36 (archiviert)

dpa-Faktencheck zum Infektionsschutzgesetz

Zitiergebot (archiviert)

Omnibusverfahren (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com