Leitungswasser wird in Deutschland besonders streng kontrolliert

1.7.2021, 12:40 (CEST)

Leitungswasser enthalte trotz aller Reinigungsmaßnahmen immer mehr Schadstoffe, heißt es in einem Beitrag auf Facebook (archiviert). Durch Industrie und Landwirtschaft werde die Umwelt mit mehr als 10 000 verschiedenen Chemikalien belastet, Leitungswasser aber nur auf die Einhaltung von 49 - überdies willkürlich festgelegten - Grenzwerten hin untersucht. Aber stimmt das?

Bewertung

Die Behauptungen sind falsch. Leitungswasser wird hierzulande auf deutlich mehr Wirkstoffe hin untersucht. Die Grenzwerte sind klar definiert, Überschreitungen, Gegenmaßnahmen, Nachforschungen und Nachproben dokumentiert.

Fakten

Die Behauptung, Leitungswasser sei zunehmend gesundheitsschädigend, wurde bereits mehrfach widerlegt - etwa in einem mdr-Faktencheck (archiviert) aus dem Jahr 2019. Auch der Faktencheck von nordbayern.de (archiviert) kam im selben Jahr zu dem Ergebnis: «Trinkwasser ist das am strengsten kontrollierte Lebensmittel in Deutschland und kann ohne Einschränkungen getrunken werden.»

Auch 2021 finden sich für die Behauptung, Leitungswasser sei zunehmend verunreinigt und werde auf nur eine kleine Anzahl an Chemikalien untersucht, keine stichhaltigen Belege:

Umweltbundesamt und Bundesgesundheitsministerium haben im Mai 2021 den Bericht über die Qualität von Trinkwasser für die Jahre 2017 bis 2019 (archiviert) veröffentlicht. Zuständig für die dem Bericht zugrundeliegenden Kontrollen sind die Gesundheitsämter. Untersucht werden Gebiete, in denen mehr als 1000 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag verteilt oder mehr als 5000 Menschen versorgt werden. Diese Gebiete versorgen 88,1 Prozent der Bevölkerung Deutschlands. Das Ergebnis fasst der Bericht mit einer Wasserqualität von «guter bis sehr guter Qualität» zusammen.

Die Behauptung, bei der Analyse der Trinkwasser-Qualität würden nur 49 Chemikalien untersucht, ist ein Trugschluss. Die Analyse wird in die Kategorien chemische und biologische Verschmutzung sowie in einzuhaltende Indikatorparameter unterteilt. Die Darstellung der gesamten Analyse erfolgt in 49 solcher Parameter - darunter Färbung, Geruch, Oxidierbarkeit, elektrische Leitfähigkeit oder Trübung.

Parameter wie «Pestizide» fassen dabei allerdings verschiedene Wirkstoffe zusammen und werden in einzelnen Analysen aufgeschlüsselt; so umfasst beispielsweise der Parameter «Pestizide - einzeln» in der Aufschlüsselung für das Jahr 2019 allein 22 verschiedene Wirkstoffe.

Hinsichtlich der chemischen Parameter ist insgesamt festzuhalten: Das Wasser wird auf 349 (und nicht auf 49) Wirkstoffe hin analysiert. Nur vier Stoffe - darunter das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat - haben den Grenzwert von 0,0001 mg/l (= 0,1 µg/l) im Testzeitraum überschritten - jedoch bei maximal einem Prozent der Proben und zeitlich auf höchstens ein Jahr begrenzt. Laut Umweltbundesamt resultiert aus dieser Konzentration keine Gesundheitsgefahr.

Auch mit Blick auf biologische Beeinträchtigungen wurden einzelne Grenzwerte meistens bei weniger als einem Prozent der Messungen überschritten. Bei sogenannten coliformen Bakterien zum Beispiel war das in 1,3 Prozent der Proben der Fall. Geringe Abweichungen seien zwar gesundheitlich unbedenklich, trotzdem aber ein Indikator für die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen, heißt es in dem Bericht.

Nachforschungen zu einzelnen Grenzwertüberschreitungen werden dort ebenso detailliert aufgeschlüsselt wie die entsprechenden Gegenmaßnahmen und Nachproben.

Die hohe Qualität von Leitungswasser bestätigt auch das gemeinsame Portal der Verbraucherzentralen verbraucherzentrale.de (archiviert): Leitungswasser sei (außer aus Bleirohren) überall von sehr guter Qualität und problemlos trinkbar. Einzig Wasser, das in den Rohren stand, sei nicht mehr frisch:

«Langes Verweilen in der Leitung begünstigt eine mögliche Verkeimung und die Übertragung von Stoffen aus den Armaturen. Wasser zum Trinken oder Kochen deshalb immer erst mal so lange laufen lassen, bis es kühl aus dem Hahn kommt. Das kann bis zu 30 Sekunden dauern.»

(Stand: 29.6.2021)

Links

Facebook-Beitrag (archiviert)

Faktencheck auf mdr.de (archiviert)

Faktencheck auf nordbayern.de (archiviert)

Bericht von Umweltbundesamt und Bundesgesundheitsministerium (2021) (archiviert)

"Kann man Leitungswasser trinken?" auf verbraucherzentrale.de (archiviert)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com