Existenz von Kondensstreifen ist belegt, die von «Chemtrails» nicht
1.7.2021, 15:35 (CEST)
In Deutschland seien bereits seit mehr als einem Jahrzehnt keine Flugzeuge mehr im Einsatz, die Kondensstreifen produzierten, heißt es in einem Facebook-Post (archiviert). Stattdessen seien die weißen Streifen am Himmel ein Beleg für den flächendeckenden Einsatz von Chemikalien. Die Kondensstreifen werden deshalb als «Chemtrails» bezeichnet. Auch der Einbau von Tanks zum Ausbringen solcher Chemikalien sei belegt, ebenso die dadurch erfolgte Manipulation des Wetters.
Bewertung
Die Behauptung ist falsch. Triebwerke von Flugzeugen produzieren nach wie vor Kondensstreifen. Für den Verschwörungsmythos «Chemtrails» gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Fakten
Eiskristalle, die entstehen, wenn heiße und wasserdampfhaltige Abgase aus den Triebwerken von Flugzeugen ausströmen und auf kalte Luft treffen, nennt man Kondensstreifen. Sie entstehen in der Regel in Flughöhen, in denen die Temperatur zwischen minus 35 und minus 55 Grad Celsius liegt. «Die heutigen Verkehrsstrahlflugzeuge fliegen zu etwa 20 Prozent ihrer Flugzeit in so kalter und feuchter Luft, dass sie langlebige Kondensstreifen bilden», erklärt das Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) (archiviert).
Dass es sich hierbei um sogenannte «Chemtrails» - also Spuren von in der Luft versprühten (und zumeist nicht näher definierten) Chemikalien - handeln soll, ist vielfach widerlegt, unter anderem vom Umweltbundesamt (2011). Ist die Atmosphäre besonders feucht, können Kondensstreifen deutlich länger sichtbar bleiben, als dies in der Regel der Fall ist. Auch könnten sie sich unter diesen Bedingungen zu großflächigen Zirruswolken auswachsen, erklärt das Umweltbundesamt. Zirruswolken bestehen aus Eiskristallen.
Weiter heißt es dort: «Altern Kondensstreifen, bleiben sie nicht glatt, sondern bilden Formen, wie auf vielen Fotos zu sehen ist. Dieser Vorgang ist ein lange bekanntes Phänomen und eine Folge der Turbulenz, die in der Atmosphäre allgegenwärtig ist. Diese Formen lassen sich auch durch Modellsimulationen reproduzieren. Mehrere Kondensstreifen nebeneinander entstehen zum Beispiel dadurch, dass Flugzeuge festen Routen folgen und die Windrichtung in der Höhe von der Flugroute abweicht. Die Kondensstreifen verschieben sich dadurch seitlich. An Knotenpunkten der Flugrouten können sich Kondensstreifen unterschiedlicher Orientierung bilden. Als Folge der Verschiebung der Kondensstreifen entstehen dann die auf Fotos festgehaltenen rautenförmigen Muster.»
Auch die Behauptung, Flugzeuge seien mit Tanks zum Versprühen von Chemikalien ausgestattet, wurde bereits in diesem und diesem dpa-Faktencheck widerlegt. Fotos, die diese Behauptung untermauern sollen, sind aus dem Kontext gerissen. Abgebildete Tanks dienen als Ballast bei Testflügen und sind mit Wasser gefüllt.
Die Behauptung im Post, hiermit würde das Wetter manipuliert, wurde ebenfalls von der dpa geprüft und für falsch befunden. Für das sogenannte Geoengineering gibt es keine Belege, angeführte Dokumente der Bundeswehr sind ebenfalls aus dem Zusammenhang gerissen.
(Stand: 1.7.2021)
Links
Quarks-Faktencheck (archiviert)
Bericht des Umweltbundesamtes (2011): "Chemtrails - Gefähriche Experimente mit der Atmosphäre oder bloße Fiktion?" (archiviert)
Stichwort "Kondensstreifen" vom Deutschen Institut für Physik der Atmosphäre (archiviert)
dpa-Faktencheck vom 15.1.2021 (archiviert)
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