Umprogrammierung des Immunsystems erwünscht - Keine Hinweise auf Langzeitfolgen
18.6.2021, 13:23 (CEST)
Während der Corona-Pandemie wurden Impfstoffe gegen Covid-19 so schnell entwickelt und zugelassen wie noch nie. Seit Ende 2020 starten überall auf der Welt Impfkampagnen gegen Sars-Cov-2. Einige Menschen sorgen sich um mögliche Langzeitwirkungen und eine mögliche Umprogrammierung des Immunsystems durch die Impfstoffe - unter anderem in einem Blogbeitrag, der in den sozialen Netzwerken kursiert (hier archiviert).
Bewertung
Die Aussagen sind irreführend. Die Corona-Impfung unterstützt das Immunsystem, damit es eine Infektion besser abwehren kann. Die erwähnten Studien zeigen keine Hinweise auf mögliche Langzeitfolgen.
Fakten
In dem Blogbeitrag wird behauptet, Corona-Impfungen erhöhten das Risiko, sogenannte Infektionsverstärkende Antikörper (englisch: antibody dependentenhancement, ADE) zu entwickeln. ADE (archiviert), die nach einer Erkrankung oder nach einer Impfung in bestimmten Fällen entstehen können, ermöglichen die Aufnahme des Virus in Zellen, statt sie zu verhindern. Das kann zu schwereren Krankheitsverläufen führen. Sie traten beispielsweise bei der Impfung gegen Dengue-Fieber (archiviert) auf.
Auch bei Covid-19 ist nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) nicht ausgeschlossen, dass unerwünschte ADE zu einer verstärkten Infektion führen könnten. Aufgetreten ist ein solcher Fall bisher jedoch nicht - weder im Tiermodell noch bei Corona-Infizierten oder -Genesenen. Das Risiko sei also bekannt und werde beobachtet und untersucht, heißt es. Bei der Entwicklung der Impfstoffe verlangte das PEI nicht-klinische Untersuchungen zu ADE und während der klinischen Prüfung auch entsprechende Daten.
Im Risikomanagementplan (archiviert) des Impfstoffs von Moderna wird angegeben, dass es sich bei ADE lediglich um ein theoretisches Risiko handele. ADE tauchte bisher weder bei den nicht-klinischen Studien noch in der Phase-3-Studie zum Corona-Impfstoff auf. Das Risiko werde jedoch weiter beobachtet.
In einem Artikel der Fachzeitschrift «Nature» (archiviert) heißt es unter anderem: «Eine definitive Rolle von ADE bei Erkrankungen durch humane Coronaviren ist nicht bekannt.» Da ADE aber bei anderen Viruserkrankungen beobachtet worden sei, könne das Problem grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Klinische Daten belegten das derzeit jedoch nicht.
In dem Blogbeitrag wird eine weitere Studie (archiviert) angeführt, die die möglichen Langzeitfolgen von Corona-Impfungen und die Umprogrammierung des Immunsystems belegen soll. In der Studie werden jedoch gar keine Hinweise auf Langzeitfolgen thematisiert. Vielmehr wurden Menschen untersucht, deren erste Impfdosis drei Wochen zurücklag oder deren zweite Dosis zwei Wochen zurücklag. Am Immunsystem konnten zu diesem Zeitpunkt Veränderungen festgestellt werden, was ein gewünschter Effekt (archiviert) von Impfungen ist. In der Studie selbst wird erwähnt, dass beispielsweise Impfstoffe gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) das Immunsystem langfristig verändern.
(Stand: 18.6.2021)
Links:
Ärzteblatt zu Dengue-Impstoff (archiviert)
EU-Risikomanagementplan für Moderna (archiviert)
Beitrag in der «Nature» (archiviert)
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