Keine Massendemo für Palästinenser in Indonesien - Fotos sind veraltet

Nach der jüngsten Gewalteskalation im Nahen Osten gibt es weltweit Demonstrationen - sowohl für die Palästinenser als auch für Israel, das sich mit Gegenschlägen den Raketenangriffen der Hamas zur Wehr gesetzt hat. Angeblich sollen sich auch in Indonesien Menschenmengen für Pro-Palästina-Proteste versammelt haben, wie etwa auf Facebook anhand von Fotos verbreitet wird (hier archiviert).

Bewertung

Die gezeigten Fotos stammen aus den Jahren 2016 und 2017. Zur aktuellen Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten gab es in Indonesien zuletzt keine nennenswerten Proteste.

Fakten

In einem Facebook-Post vom 19. Mai wird behauptet, an jenem Tag hätten sich in Indonesien viele Menschen versammelt, «um das palästinensische Volk zu unterstützen». Die These wird mit drei Fotos bebildert, die diese Proteste angeblich zeigen sollen. Zuvor hatte unter anderem auch der palästinensische Sender Fajer TV die angeblich aktuellen Aufnahmen geteilt und später im Begleittext die Fotos zeitlich eingeordnet.

Die Aufnahmen sind viel älter:

• Die Menschenmassen am Medan Merdeka, dem zentralen Park in der Hauptstadt Jakarta, hielt am 2. Dezember 2016 der Fotograf Sigid Kurniawan im Bild fest. Die Aufnahme ist auf seinem Instagram-Profil zu finden - sowie auch eine weitere Darstellung der Szenerie. Viele indonesische Tageszeitungen (hier und hier) nutzten das Foto. Damals hatten sich Hunderttausende vor allem konservative Muslime um den Thamrin-Springbrunnen versammelt, um gegen den christlichen Gouverneur von Jakarta wegen angeblicher Blasphemie zu demonstrieren. Darüber berichteten etwa die Nachrichtenagenturen AP und dpa sowie die Universität in Melbourne.

Die beiden weiteren Fotos im Facebook-Post entstanden bei Protesten Ende 2017, als in Indonesien etwa 80 000 Menschen gegen die Entscheidung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump demonstrierten, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen. Die Palästinenser fordern ihrerseits den Ostteil als Hauptstadt für einen international anerkannten Staat Palästina.

• Die Szene mit der riesigen palästinensischen Flagge neben der indonesischen über den Köpfen der Menschen wurde vom Sender Metro TV (Video ab 1:11 Min.) für einen Beitrag am 17. Dezember 2017 über die Proteste Jakarta verwendet.
• Das Foto der fahnenschwenkenden Demonstranten entstand auch am 17. Dezember 2017 in Jakarta. Geschossen hat es der Fotograf Ed Wray, die BBC zum Beispiel nutzte es in ihrem Artikel über die Proteste.

Im Mai 2021 hingegen gab es bislang keine nennenswerten Massendemonstrationen mit Hunderttausenden Menschen in Indonesien.

AP berichtete von kleineren pro-palästinensischen Protesten am 18. Mai. Demnach versammelten sich mehrere Hundert Menschen in Jakarta auf der Straße vor der schwer bewachten US-Botschaft, um ein Ende der israelischen Luftangriffe auf den Gazastreifen zu fordern. Ähnliche Aufmärsche fanden nach AP-Angaben zur gleichen Zeit in anderen indonesischen Städten statt, darunter in Surabaya und Bandung.

Auch am 21. Mai versammelten sich mehr als 1000 Menschen nach den Freitagsgebeten mit palästinensischen Fahnen vor der US-Botschaft.

Am selben Tag ist im Nahen Osten eine Waffenruhe zwischen militanten Palästinensern und der israelischen Armee in Kraft getreten. Zuvor waren elf Tage lang insgesamt 4340 Raketen aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert worden, wie die israelische Armee mitteilte. Dabei starben zwölf Menschen und mehr als 300 wurden verletzt. Bei israelischem Beschuss des Gazastreifens wurden 232 Palästinenser getötet. 1900 Menschen erlitten Verletzungen. An der Infrastruktur entstanden immense Schäden.

Über die veralteten Fotos aus Jakarta, die derzeit auf sozialen Medien verbreitet werden, hatten zuletzt auch die Faktenchecker von AFP berichtet