Ungenaue Behauptungen über Impfstoffhersteller

23.5.2021, 14:51 (CEST)

Die Impfstoffe gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 werden seit rund einem halben Jahr in vielen Ländern der Welt eingesetzt. Eine Übersicht auf Facebook stellt nun einige Behauptungen über die Hersteller der bislang in der EU zugelassenen Impfstoffe auf (hier archiviert). Was ist dran an den Warnungen?

Bewertung

Einige der Aussagen sind ungenau oder aber es fehlt wichtiger Kontext. Zum Beispiel wird in den meisten europäischen Ländern mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca geimpft.

Fakten

Über den Impfstoff des Unternehmens Astrazeneca heißt es, dass er von mehr als 20 europäischen Ländern wegen schwerer und tödlicher Nebenwirkungen «suspendiert» worden sei. Richtig ist, dass viele Länder den Einsatz des Impfstoffs im März vorübergehend ausgesetzt hatten oder haben. Allerdings verzichten nur Dänemark und Norwegen dauerhaft auf den Impfstoff. Die meisten anderen europäischen Staaten setzen ihn inzwischen wieder ein, wenn auch meist eingeschränkt. In Deutschland und Italien etwa wird der Impfstoff von den zuständigen Stellen für Menschen über 60 empfohlen.

Über die Firma Johnson & Johnson wird in dem Instagram-Beitrag behauptet, dass sie «in Hunderttausenden Prozessen verurteilt» worden sei. Für eine derart hohe Zahl gibt es keine Belege. Richtig ist, dass Johnson & Johnson unter anderem wegen eines Skandals um Asbest in Babypuder mit vielen Klagen konfrontiert ist.

Dem Unternehmen Moderna wird unterstellt, dass keiner seiner Impfstoffe in Zulassungsstudien die sogenannte Phase 3 überstanden habe. Durch die Formulierung in der Vergangenheitsform wird ein Eindruck erweckt, als ob die Studien abgebrochen worden seien oder die Behörden eine Zulassung verweigert hätten. Dem ist jedoch nicht so: Ein Blick in eine offizielle Übersicht der US-Behörden zeigt, dass Studien zu anderen Moderna-Impfstoffen derzeit zum Teil noch laufen und sich noch in anderen Phasen befinden. Die Studien laufen hier lediglich deutlich länger als beim Corona-Impfstoff des Unternehmens.

Dessen Zulassung wurde zwar beschleunigt, in Europa etwa durch das sogenannte Rolling-Review-Verfahren. Aber auch dieser Impfstoff wurde vor der Zulassung mehr als 15 000 Testpersonen gespritzt, eine Größenordnung, die der vieler anderer Phase-3-Studien entspricht. Dabei wurde eine sehr hohe Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 festgestellt, die die Risiken deutlich übersteigt.

Links

Beitrag auf Facebook (archiviert: https://archive.ph/IgpaE)

dpa-Bericht über Dänemark und Norwegen (archiviert: https://archive.ph/JRdYq)

dpa-Bericht über Astrazeneca in der EU (archiviert: https://archive.ph/gEHE0)

«Handelsblatt» über Johnson & Johnson (archiviert: https://archive.ph/y1asB)

Klinische Studie zu Moderna-Impfstoff 1345 (archiviert: https://archive.ph/H2Ryi)

Klinische Studie zu Moderna-Impfstoff 1653 (archiviert: https://archive.ph/jsb9D)

dpa-Faktencheck u.a. zum Zulassungsverfahren (archiviert: https://archive.ph/lYI20)

Zulassungsstudie zum Corona-Impfstoff von Moderna (archiviert: https://archive.ph/M5Vk2)

Informationen zu Phase-3-Studien (archiviert: https://archive.ph/aWENm)

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com