Experten: Gentechnik wird nur zur Impfstoffherstellung genutzt
26.4.2021, 12:01 (CEST)
Mit den Impfungen gegen das neuartige Coronavirus kommt es erstmals auch zum Einsatz sogenannter mRNA-Präparate. Impfgegner behaupten unter anderem, dass diese Impfstoffe mittels einer «Gen-Schere» neue Sequenzen in die menschliche DNA einsetzen und so das Erbgut verändern würden, wie etwa in diesem Video und in diesem Post (hier archiviert).
BEWERTUNG: Die mRNA-Impfung gegen das Coronavirus kann Experten zufolge die menschliche DNA nicht verändern.
FAKTEN: Sogenannte mRNA-Impfstoffe werden etwa von den Unternehmen Biontech oder Moderna hergestellt. In der Abkürzung steht das «m» für messenger und «RNA» für ribonucleic acid (Deutsch: Ribonukleinsäure). Vorher wurde noch kein Impfstoff dieser Art für den Menschen zugelassen.
Klassische Impfstoffe basieren auf toten oder abgeschwächten Viren, die in mRNA-Präparaten aber nicht vorkommen. Stattdessen enthalten die Impfstoffe die Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers. Auf dieser Grundlage stellen die Körperzellen ein Virusprotein her, gegen das der Körper dann seine Immunantwort entwickelt. Die mRNA wird dabei nicht in das Erbgut des Menschen eingebaut.
Gentechnik spielt nur beim Herstellungsprozess des Impfstoffs eine Rolle, wie der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, der «Rheinischen Post» bestätigte: «Die Messenger-RNA, die bei der Impfung eingeführt wird, hat gar nichts mit unserer DNA im Zellkern zu tun. Daher sind Spekulationen darüber, ob dadurch eine genetische Veränderung beim Menschen hervorgerufen werden könne, ziemlich abwegig». (Text kostenpflichtig, Zusammenfassung hier).
Das Instrument der «Gen-Schere» gibt es, wird aber im Zusammenhang mit dem mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus nicht verwendet. Sie wird auch CRISPR/Cas9-Methode genannt und ist ein molekularbiologisches Verfahren, das Teile des Erbgutes von lebenden Zellen verändern kann. Für diese Entdeckung erhielten 2020 zwei Molekularbiologinnen den Nobelpreis im Fach Chemie. Ein einfacher mRNA-Impfstoff hat aber nicht die Eigenschaften, eine Sequenz auf der menschlichen DNA zu entfernen und zu ersetzten.
«mRNA wird auf natürliche Weise vom Körper hergestellt, sie kodiert Anweisungen für die Zellen des Körpers, um Protein zu produzieren», sagte Sara Riordan, Präsidentin der National Society of Genetic Counselors in den USA, in einem «Forbes»-Interview. Diese Botenmoleküle wandern nach einer Impfung nur ins Zellplasma, wo sie abgelesen und schnell wieder abgebaut werden. Das heißt: Die mRNA erreicht gar nicht erst die Zellkerne, wo sich das Erbgut in Form von DNA befindet.
«Eine Integration von RNA in DNA ist unter anderem aufgrund der unterschiedlichen chemischen Struktur nicht möglich», erklärte dazu noch im Januar das Paul-Ehrlich-Institut, das in Deutschland für die Zulassung und Prüfung von Impfstoffen zuständig ist.
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Links:
Video mit Behauptung: https://www.instagram.com/tv/CNsYdLUKxGx/
Facebook-Post: https://www.facebook.com/groups/diebasislvniedersachsen/permalink/490226399026864/ (archiviert: https://archive.vn/BQtkF)
Biontech zu mRNA-Impfstoff: https://biontech.de/de/covid-19-portal/mRNA-impfstoffe
Interview der «Rheinischen Post» mit dem Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko): https://rp-online.de/panorama/coronavirus/impf-kommissionschef-ueber-corona-dosen-jeder-kann-ausrechnen-wie-lange-es-dauern-kann_aid-54925113 (kostenpflichtiger Abotext), Zusammenfassung siehe: https://www.presseportal.de/pm/30621/4780488 (archiviert: https://archive.vn/5ZiYN)
Pressemitteilung zur Nobelpreisvergabe für die CRISPR/Cas9-Methode: https://www.nobelprize.org/prizes/chemistry/2020/press-release/ (archiviert: http://dpaq.de/ZC30o)
Weitere Erklärung zur CRISPR/Cas9-Methode:
https://www.nobelprize.org/uploads/2020/10/popular-chemistryprize2020.pdf
Forbes-Artikel über mRNA-Impfungen: https://www.forbes.com/sites/victoriaforster/2021/01/11/covid-19-vaccines-cant-alter-your-dna-heres-why/?sh=588db3a42491
Paul-Ehrlich-Institut zu DNA/mRNA: https://www.pei.de/SharedDocs/FAQs/DE/coronavirus/coronavirus-keine-gefahr-mrna-genom.html (archiviert: https://archive.vn/LyKmV)
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