Kein Beweis für Chemtrails: Bundeswehr-Papier zu Geoengineering falsch interpretiert

09.04.2021, 12:00 (CEST)

Die Bundeswehr soll bestätigt haben, dass es sogenannte Chemtrails gibt und dass sie das sogenannte Geoengineering nutzt. Diesen Eindruck erweckt ein auf Facebook geteiltes Bild, das eine Zeitungsseite der «Strassengazette» von Januar 2014 zeigt (hier archiviert). Kondensstreifen am Himmel werden von Anhängern des Chemtrail-Verschwörungsmythos als Beweis für das massenhafte Versprühen giftiger Chemikalien angesehen. Unter Geoengineering versteht man technologische Methoden, mit denen zum Beispiel das Klima beeinflusst werden kann. In einem der Texte auf dem Foto ist die Rede von einer offiziellen Erklärung der Bundeswehr zum Thema.

BEWERTUNG: Es gibt keine Belege dafür, dass die Bundeswehr Geoengineering betreibt. Das gilt ebenso für die Existenz von Chemtrails.

FAKTEN: Zum Thema Geoengineering findet sich auf der Bundeswehr-Homepage eine «Zukunftsanalyse» des Planungsamts der Bundeswehr. Sie ist auf November 2012 datiert und beschreibt mögliche sicherheitspolitische Aspekte entsprechender Methoden.

Davon, dass die Bundeswehr Geoengineering betreibt, ist in dem Dokument nicht die Rede, es findet sich lediglich die Empfehlung, dass sie das Thema im Blick behalten sollte. Auf Seite zwölf steht: «Da Geoengineering jedoch eine Thematik von zukünftig strategischer Bedeutung werden kann, sollte die Bundeswehr sich hierzu positionieren und ein Monitoring relevanter technologischer, gesellschaftlicher und rechtlicher Entwicklungen vornehmen.»

Was angebliche Chemtrails betrifft, so hat beispielsweise das Umweltbundesamt bereits 2011 festgestellt, dass es hierfür «keinerlei wissenschaftliche Belege» gibt. Kondensstreifen entstehen demnach in hinreichend kalter Atmosphäre als Folge der Wasserdampfemissionen aus Flugzeugtriebwerken. Wie sich diese auf das Klima auswirken können, erläutert das Institut für Physik der Atmosphäre des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die «Strassengazette» hat sich nicht nur einmal dem Thema Chemtrails gewidmet, wie beispielsweise der von Journalistinnen und Journalisten betriebene Blog Ruhrbarone im Jahr 2013 berichtete.

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Links:

Beitrag: https://www.facebook.com/photo/?fbid=1421721018203629&set=a.101606926881718 (archiviert: https://archive.ph/wip/ECaOM)

Ausschnitt in höherer Auflösung: https://www.docdroid.net/p4gm/strassen-gazette-sprhtechnik-beide-seiten-pdf (archiviert: http://dpaq.de/8RZUr)

«Zukunftsanalyse» des Planungsamts der Bundeswehr zum Thema Geoengineering (November 2012): https://www.bundeswehr.de/resource/blob/140534/0e09f412cb61da2bef8e5279772c31e3/geo-data.pdf (archiviert: http://dpaq.de/2DNgv)

Die Stellungnahme des Umweltbundesamts zu Chemtrails (März 2011): https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3574.pdf (archiviert: http://dpaq.de/MekYc)

Erklärung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zu Kondensstreifen: https://www.dlr.de/pa/desktopdefault.aspx/tabid-2554/3836_read-5746/ (archiviert: http://dpaq.de/PJv1h)

Artikel auf dem Blog «Ruhrbarone» über die Strassengazette (24.04.2013): https://www.ruhrbarone.de/etwas-serioeser-bitte/58729 (archiviert: https://archive.ph/8tB3t)

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