Christian Drostens Doktorarbeit wurde der Prüfungsordnung entsprechend veröffentlicht

12.01.2021, 17:42 (CET)

Der Virologe Christian Drosten ist in der Corona-Pandemie zu einem der bekanntesten Mediziner Deutschlands geworden. Im Internet kursieren seit Monaten Behauptungen über seine Doktorarbeit. Seine Promotionssschrift sei bis zum Sommer 2020 nicht auffindbar gewesen, heißt es, oder sie sei nicht fristgerecht veröffentlicht worden. Daraus schließt mancher, der Doktortitel sei ihm zu Unrecht verliehen worden.

BEWERTUNG: Nach der damals geltenden Promotionsordnung war es nicht nötig, die Doktorabeit öfter als drei Mal für die Universität zu drucken - wenn die Inhalte der Dissertation wie bei Christian Drosten zuvor bereits in Fachartikeln veröffentlicht waren.

FAKTEN: Um zum Doktor für Humanmedizin zu werden, hat Christian Drosten im Jahr 2001 seine Dissertation beendet und die Schrift laut der Universität Frankfurt im Jahr 2002 eingereicht. Damals galt die Promotionsordnung von 1997: Um die Promotion abzuschließen, musste Drosten seine Forschungen publizieren. Gemäß §12 Abs.1 b) der Ordnung, musste er dazu lediglich drei Exemplare bei der Universität abliefern, da die Dissertation bereits in Zeitschriften veröffentlicht wurde. Wie die Universität Frankfurt mitgeteilt hat, ist Drosten dem mit drei Aufsätzen nachgekommen: hier, hier und hier.

Ein Sprecher der Uni Frankfurt ergänzte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage: «Die Verpflichtung, Pflichtexemplare für die Universitätsbibliothek einzureichen, wurde erst in die mit Wirkung ab 2014 geltende Promotionsordnung aufgenommen und findet sich in den zuvor geltenden Fassungen nicht.» (Die aktuell geltende Promotionsordnung ist hier einsehbar)

Anders als die jederzeit verfügbar und zitierbaren Aufsätze war die Dissertationsschrift selbst darum nicht in der Unibibliothek zur Ausleihe verfügbar. Im Sommer 2020 hat die Uni Frankfurt die Schrift wegen des öffentlichen Interesses an Drosten nachgedruckt, seitdem ist sie auch in der Deutschen Nationalbibliothek zu finden.

Der Uni Frankfurt zufolge liegt eines der drei Originalexemplare in der Promotionsakte von Christian Drosten im Uni-Archiv. Dieses sei allerdings durch einen Wasserschaden beschädigt. Zu den anderen zwei Exemplaren teilte die Uni der dpa mit: «Damals übliche Praxis war es, überzählige Pflichtexemplare herausragender Dissertationen anderen Promovierenden als Best-Practice-Beispiele zur Verfügung zu stellen. Dies ist auch mit den überzähligen Pflichtexemplaren von Prof. Drosten geschehen.»

Auf dem Weg zum Doktortitel haben mehrere Institutionen Christian Drosten geprüft. Zunächst wurde die Arbeit von Gutachtern untersucht. Dann musste Drosten seine Ergebnisse vor einem Prüfungsausschuss verteidigen. Schließlich stimmte auch der Promitionsausschuss der Verleihung des Doktorgrades zu.

Die Uni hat in der Stellungnahme vom Oktober 2020 ausdrücklich festgestellt: «Es bestehen – auch nach mehrfacher Überprüfung – keine Zweifel daran, dass das Promotionsverfahren des Herrn Prof. Dr. Drosten ordnungsgemäß durchgeführt wurde.»

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Links:

Statement der Universität Frankfurt: https://aktuelles.uni-frankfurt.de/aktuelles/falschbehauptungen-zum-promotionsverfahren-von-prof-dr-christian-drosten/ (archiviert: http://dpaq.de/oIKQ0)

Promotionsordnung von 1997: https://www.uni-frankfurt.de/61783387/promo_ord_1997.pdf (archiviert: http://dpaq.de/RGuOj)

Promotionsordnung von 2014: https://www.uni-frankfurt.de/58830395/Promotionsordnung_Medizin.pdf (archiviert: http://dpaq.de/k8UGi)

Drei Aufsätze in wissenschaftlichen Zeitschriften von Drosten:

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10864995/ (archiviert: https://archive.vn/ev1bd)

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/10938964/ (archiviert: https://archive.vn/z7blq)

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11724836/ (archiviert: https://archive.vn/JWljE)

Eintrag der Arbeit in der Unibibliothek: https://hds.hebis.de/ubffm/Record/HEB465078648 (archiviert: https://archive.vn/Wkw52)

Artikel der Seite «Plagiatsgutachten»: https://plagiatsgutachten.com/blog/christian-drosten/ (archiviert: https://web.archive.org/save/https://plagiatsgutachten.com/blog/christian-drosten/)

Artikel des «Volksverpetzer»: https://www.volksverpetzer.de/analyse/doktorarbeit-von-drosten/ (archiviert: https://archive.vn/9dfq3)

Artikel von «Heise»: https://www.heise.de/tp/features/Ist-Christian-Drosten-falscher-Doktor-Hat-er-seine-Promotionsschrift-gefaket-4928114.html

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