AstraZeneca berichtete schon im April über Impfstoff-Entwicklung

15.12.2020, 11:02 (CET)

Hinweise auf geheime Vorgänge? Ein Foto einer mutmaßlichen Verpackung soll belegen, dass die Firma AstraZeneca die Zusammensetzung ihres Impfstoffs kannte, lange bevor dieser angekündigt wurde. «Monate zuvor wurden diese Packungen für den Impfstoff angefertigt», heißt es in einem Beitrag auf Facebook (hier archiviert).

BEWERTUNG: Die Vermutungen sind falsch. Die Produktion des Impfstoffs hat begonnen, ohne dass eine Zulassung gibt, wie AstraZeneca mitteilt. Erste Meldungen über die Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffs durch das Unternehmen gab es aber bereits Ende April - lange vor dem Posting auf Facebook.

FAKTEN: Das Foto der angeblichen Impfstoff-Verpackung ist Anfang Dezember 2020 als Screenshot auf Facebook verbreitet worden. In der Nachricht im Foto heißt es, die Verpackungen seien «vor einigen Wochen» für den Versand vorbereitet worden. Die Herstellung habe aber Monate vorher beziehungsweise «vor mindestens 4 Monaten» begonnen.

Nimmt man als Bezugspunkt das Datum des Facebook-Postings, würde das einen Beginn der Verpackungs-Produktion in den Sommermonaten bedeuten.

Zu diesem Zeitpunkt hatte AstraZeneca bereits mitgeteilt, dass man einen Impfstoff entwickle. Am 30. April etwa informierte das britisch-schwedische Unternehmen in einer Pressemitteilung über eine Kooperation mit der Universität Oxford in Großbritannien. Diese hatte da bereits einen Impfstoff mit dem Namen ChAdOx1 nCoV-19 entwickelt. Im April begannen der Mitteilung zufolge erste Tests an Freiwilligen in einer sogenannten Phase-1-Studie.

Der Mitteilung zufolge sollte AstraZeneca neben der Entwicklung auch die «weltweite Herstellung und Distribution des Impfstoffs» verantworten. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nennt AstraZeneca zwar kein genaues Datum des Produktionsstarts, bestätigt aber, dass man mit der Produktion begonnen habe, während die klinischen Studien noch liefen. «Dies ist eine der Möglichkeiten, wie wir sicherstellen können, dass kein einziger Tag verschwendet wird, wenn der Impfstoff die behördliche Zulassung erhält», schreibt das Unternehmen.

Ob das Foto auf Facebook tatsächlich eine Verpackung für den Impfstoff zeigt, will das Unternehmen auf Anfrage nicht sagen. Anfang Dezember bescheinigten Wissenschaftler dem Impfstoff nach einer Auswertung weiterer Testphasen eine Wirksamkeit von rund 70 Prozent. Wie es in dem entsprechenden Artikel im Fachmagazin «The Lancet» heißt, ist der Impfstoff zudem sicher. Bezüglich der angegebenen Wirksamkeit gab es aber auch Kritik am Studiendesign.

Zuvor hatte es Berichte über gestorbene Studienteilnehmer gegeben, was auch der Facebook-Beitrag erwähnt. Dem «Lancet»-Artikel zufolge handelte es sich jedoch um vier Todesfälle, die weder mit einer Covid-19-Erkrankung noch mit dem Impfstoff zusammenhingen. Nur einer der vier Verstorbenen hatte demnach den Impfstoff erhalten, die drei weiteren gehörten zu einer Kontrollgruppe. Als Todesursachen geben die Wissenschaftler einen Verkehrsunfall, ein Tötungsdelikt, einen Fall von stumpfer Gewalteinwirkung und eine Lungenpilzinfektion an.

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Links:

AstraZeneca-Mitteilung (30. April 2020): https://www.astrazeneca.de/medien/press-releases/2020/astrazeneca-und-die-universitaet-oxford-kuendigen-ein-wegweisendes-abkommen-zur-entwicklung-eines-impfstoffs-gegen-covid-19-an.html (archiviert: https://archive.vn/VXMIT)

Bericht über Start von Tests (22. April 2020): https://www.n-tv.de/wissen/Grossbritannien-beginnt-Impfstoff-Tests-article21731034.html (archiviert: https://archive.vn/X26Kh)

Fachartikel mit Studienergebnissen (8. Dezember 2020): https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)32661-1/fulltext (archiviert: https://archive.vn/mm8Jz)

Bericht über Kritik an Studie: https://www.n-tv.de/wirtschaft/Astrazeneca-Impfstoff-muss-ueberprueft-werden-article22198904.html (archiviert: https://archive.vn/NcHGB)

Beitrag auf Facebook: https://www.facebook.com/chaeberli1/posts/3896260560405618 (archiviert: https://archive.vn/wksjx)

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