«Querdenken» verstößt seit kurzem, «Hitler» schon lange gegen Spreadshirt-Standards

09.12.2020, 16:41 (CET)

Im Frühjahr gab es Empörung wegen eines von Impfgegnern im Internet angebotenen T-Shirt-Designs. Jetzt wiederum sieht sich dieselbe Onlinefirma Spreadshirt mit Vorwürfen aus den Reihen der Gegner der Corona-Maßnahmen konfrontiert: Das Unternehmen soll das Wort «Querdenken» als Aufdruck auf T-Shirts, Pullover und weitere Kleidungsstücke verboten haben. Der Name «Hitler» sei allerdings erlaubt, empört sich etwa die Bewegung «Querdenken 711» in einem Telegram-Post (hier archiviert).

BEWERTUNG: Spreadshirt erachtet das Wort «Querdenken» tatsächlich seit kurzem als Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards. Namen wie «Hitler» sind allerdings nach Unternehmensangaben bereits seit vielen Jahren untersagt.

FAKTEN: Das Leipziger Unternehmen Spreadshirt bietet Kunden über ihren Online-Auftritt die Möglichkeit, Kleidung selbst zu gestalten - etwa mit individuellen Motiven oder Texten. Zugleich können Designer ihre selbst kreierten Motive auf der Plattform auch wieder in eigenen Shops zum Kauf anbieten.

Durchs Netz geht die Behauptung, das Unternehmen unterbinde auf der einen Seite den Druck des Wortes «Querdenken», erlaube andererseits aber Schriftzüge wie «Hitler». Kommentatoren in sozialen Medien sehen dahinter eine politische Agenda. «Glauben Sie wir leben noch in einem freien Land, in dem jeder seine Meinung sagen darf?», heißt es etwa auf Twitter.

«Bis vor wenigen Wochen war "Querdenken" auf unserer Plattform noch erlaubt, da wir es im Rahmen freier Meinungsäußerung einstuften», teilte Unternehmenssprecherin Eike Adler der Deutschen Presse-Agentur am 8. Dezember 2020 mit. «Jedoch hat sich der Begriff und seine Verwendung zunehmend radikalisiert, so dass wir mittlerweile Verstöße gegen mehrere Punkte unser Community-Standards sehen.»

In diesen Gemeinschaftsstandards heißt es: Designs, Accounts oder Shops werden entfernt, sobald diese «illegal sind, hetzerische Inhalte (Hate Speech) verbreiten, zu Gewalt aufrufen, pornografisch sind [oder] schädigende, irreführende Inhalte unterstützen».

«Weitere Begriffe wie etwa "Hitler" oder auch "Adolf Hitler" sind bei uns ebenfalls untersagt», so Unternehmenssprecherin Adler. «Dem ist schon seit vielen Jahren so.»

Spreadshirt hat eine Liste von Begriffen, die Partner und Kunden weder als Design noch als Beschreibung eines Produktes verwenden können. Neben Begriffen, die ethisch nicht vertretbar seien, stünden etwa auch unter anderem Markennamen darauf. «Die Liste wird kontinuierlich aktualisiert», heißt es vom Unternehmen - Begriffe könnten neu hinzukommen, aber auch wieder herausfallen. Das Wort «Querdenken» stehe aber, wie gelegentlich behauptet, nicht wegen Markenrechten auf der Liste, so Adler.

Nicht alle problematischen Begriffe oder Namen anderer berühmter Nationalsozialisten werden von Spreadshirt geblockt. «Das würde zum einem jede Person, die gegebenenfalls diesen Namen trägt, beschneiden», sagte die Sprecherin. Zum anderen wolle das Unternehmen nicht grundsätzlich einen Missbrauch unterstellen. Es gelt die Unschuldsvermutung.

Wäre zum Beispiel der Begriff «Nazi» auf der Liste, könnten Nutzer auch nicht «Gegen Nazis» auf T-Shirts schreiben oder entsprechende Motive hochladen. «Der Kontext ist also entscheidend, und wir versuchen diesen zu erfassen und entscheiden fallbasiert», sagte Adler.

Im Frühjahr 2020 hatte ein Spreadshirt-Motiv mit einem gelben Stern und der Aufschrift «nicht geimpft» für Aufregung gesorgt. Das antisemitische Design erinnerte an den «Judenstern», also die Kennzeichnung, die Menschen jüdischen Glaubens in der NS-Zeit von den Nationalsozialisten aufgezwungen wurde.

Das Motiv war «leider einige Tage auf unserer Plattform online, bis wir es aufgrund einer Meldung aus der Community gefunden und sofort entfernt haben», so die Unternehmenssprecherin. Das Motiv sei weder gedruckt noch verkauft worden. Mittlerweile ist der Begriff «Judenstern» auf der Schwarzen Liste.

Das Unternehmen ermutigt seine Kunden dazu, Designs zu melden, die ihrer Meinung nach die Gemeinschaftsstandards verletzt. Außerdem sollen technische und menschliche Filtermechanismen stets optimiert werden. Es könne aber dennoch passieren, so Adler, dass beim Hochladen von täglich mehr als 25 000 Motiven nicht jeder Fehler sofort erkannt werde.

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Links:

Spreadshirt-Auftritt: https://www.spreadshirt.de

Spreadshirt Gemeinschaftsstandards: https://www.spreadshirt.de/community-standards (archiviert: http://dpaq.de/QUOZi)

Telegram-Post der Bewegung «Querdenken 711» mit Falschbehauptung über Spreadshirt: https://t.me/QUERDENKEN_711/1088 (archiviert: https://archive.vn/5pmEM)

Tweet von «Querdenken 911» über Markenrecht von «Querdenken»: https://twitter.com/querdenken911/status/1334774703563665409 (archiviert: https://archive.vn/PkjPR)

Tweet über «freies Land»: https://twitter.com/einname_1020/status/1334808954975694851 (archiviert: https://archive.vn/M0R3H)

Pressebericht über Spreadshirt-Motiv «nicht geimpft» vom 18.5.2020: https://www.sueddeutsche.de/service/internet-leipzig-empoerung-wegen-t-shirt-design-anzeige-durch-staatsschutz-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200518-99-99029 (archiviert: https://archive.vn/PomKQ)

Telegram-Post mit Falschbehauptung über Spreadshirt: https://t.me/QUERDENKEN_711/1088 (archiviert: http://archive.vn/5pmEM)

Tweet mit Falschbehauptung über Spreadshirt: https://twitter.com/Crazyca07572857/status/1334513909022208001 (archiviert: https://archive.vn/3j2Do)

Facebook-Kommentar mit Falschbehauptung über Spreadshirt: https://www.facebook.com/spreadshirt.de/posts/10164598775345444?comment_id=10164610773705444

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