Corona-Maßnahmen sind demokratisch legitimiert

17.11.2020, 15:13 (CET)

Kontakte, Gastronomie, Sport, Reisen und Arbeit: Einschränkungen in diesen Bereichen sollen Deutschland helfen, das Infektionsgeschehen bei der Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen. Die angebliche Unrechtmäßigkeit eines Teil-Lockdowns wird in sozialen Netzwerken thematisiert. Zu den von Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Länder-Chefs beschlossenen Corona-Maßnahmen heißt es in einem über Soziale Medien verbreiteten Beitrag (hier archiviert): «Es ist vollkommen unstrittig, dass diese demokratisch in keinster Weise dazu legitimiert sind und die vorsätzliche Umgehung des gewählten Parlamentes verfassungswidrig ist.»

BEWERTUNG: Als rechtliche Grundlage für die derzeit gültigen Corona-Maßnahmen dient das Infektionsschutzgesetz. Für die Umsetzung sind die Länder zuständig.

FAKTEN: Das Infektionsschutzgesetz löste vor fast 20 Jahren das Bundes-Seuchengesetz ab. Der Staat darf demnach zum Infektionsschutz in die Grundrechte eingreifen. Dabei müssen die Maßnahmen jedoch verhältnismäßig sein. Als «notwendige Schutzmaßnahme» dürfen unter anderem die Freiheit der Person, die Versammlungsfreiheit und die Freizügigkeit eingeschränkt werden. Die Maßnahmen derzeit sind bis Ende November befristet, ab Mitte November soll eventuell nachjustiert werden.

In Paragraf 28 des Infektionsschutzgesetzes heißt es, «die zuständige Behörde» könne «die notwendigen Schutzmaßnahmen» ergreifen, «soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist». Später steht konkreter: Die zuständige Behörde könne «Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind». Paragraf 28, Absatz 1, Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes bezieht sich auch auf Maßnahmen wie Quarantäne für erkrankte oder positiv getestete Personen.

Der Vollzug bzw. die Umsetzung des Infektionsschutzgesetzes erfolgt nach Paragraf 54 durch die Länder. Wörtlich heißt es dort: «Die Landesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung die zuständigen Behörden im Sinne dieses Gesetzes (...).» Das bestätigt auch die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage: «Für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und damit für die unmittelbare Bekämpfung von Infektionskrankheiten sind in Deutschland hauptsächlich die Länder zuständig, da sie gem. Artikel 83 Grundgesetz Bundesgesetze grundsätzlich als eigene Angelegenheit ausführen.»

Da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens weder das Virus Sars-CoV-2 noch die Erkrankung Covid-19 und damit mittlerweile geläufige Begriffe wie etwa Maske oder Abstand eine Rolle spielten, soll es diesbezüglich konkretisiert werden. Nach Plänen von Union und SPD sollen bisherige allgemeine Formulierungen präzisiert werden. Dabei geht es konkret um die Auflistung einzelner Schritte - etwa Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote oder die Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Genannt werden auch Untersagungen, Beschränkungen oder Schließungen von Geschäften und Veranstaltungen. Festgelegt werden soll, dass sich dies auf die Dauer bezieht, für die der Bundestag wie geschehen eine «epidemische Lage von nationaler Tragweite» festgestellt hat. Der Beschluss ist in der Sitzungswoche ab 16. November geplant.

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Berichtigung:

Im 3. Absatz wurde das Datum «am 12. Mai 2020» entfernt.

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Links:

Beitrag: https://kopp-report.de/neues-corona-gesetz-verfassung-wird-ausgehebelt/ (archiviert: http://dpaq.de/k8Z2u)

Beschlossene Maßnahmen der Bundesregierung (vom 28.10.2020): https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1805024/5353edede6c0125ebe5b5166504dfd79/2020-10-28-mpk-beschluss-corona-data.pdf?download=1 (archiviert: http://dpaq.de/N5yna)

Infektionsschutzgesetz: https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/ (archiviert: http://dpaq.de/qzwXm)

Paragraf 54 zum Vollzug des Infektionsschutzgesetzes: https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__54.html (archiviert: http://dpaq.de/JFyku)

Robert Koch-Institut zum Infektionsschutzgesetz: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/IfSG/ifsg_node.html (archiviert: http://dpaq.de/dzHqr)

Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage: https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/230/1923094.pdf (archiviert: http://dpaq.de/Jre3C)

Grundgesetz Artikel 83: https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_83.html (archiviert: http://dpaq.de/0SC9u)

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