Jugendlicher aus Ostfriesland starb nicht wegen Maskenpflicht
7.10.2020, 18:08 (CEST)
Einige Gegner der Corona-Auflagen verbreiteten immer wieder Falschbehauptungen über angeblich durch Masken ums Leben gekommene Kinder. Nun wird sogar eine Todesanzeige eines verstorbenen 13-Jährigen aus Ostfriesland als vermeintlicher Beleg in den sozialen Netzwerken präsentiert. Der Junge sei «im Schulbus kollabiert» und «an der Maske erstickt», heißt es in einem Post.
BEWERTUNG: Die Behauptungen sind frei erfunden. Der Junge starb weder in einem Schulbus noch durch das Tragen einer Maske, wie die Deutsche Presse-Agentur von der Staatsanwaltschaft in Aurich erfuhr.
FAKTEN: Wenn es Anzeichen für eine unnatürliche Todesursache - etwa einen Unfall - gibt, muss laut Paragraf 159 der Strafprozessordnung die Staatsanwaltschaft informiert werden. Sie beantragt dann zum Beispiel eine Obduktion.
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte die zuständige Staatsanwaltschaft in Aurich mit, dass der Junge weder in einem Schulbus noch in der Schule gestorben ist. Auch habe sein Tod nichts mit der Maskenpflicht zu tun.
Der Berliner Mediziner und Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Jakob Maske, sagte am 2. Oktober der dpa, es sei «unmöglich», dass ein Kind durch das Tragen einer Alltagsmaske ums Leben kommen könne. Auch kleine Kinder könnten einen Mundschutz tragen. «Das ist gar kein Problem», erklärte der Experte.
Dominic Dellweg, Chefarzt für Pneumologie am Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft (Nordrhein-Westfalen), veranschaulichte dies am 2. Oktober auf Anfrage der dpa: «Wenn Luft durch die Maske geht, gehen auch Sauerstoff und CO2 durch.» Auch er schloss aus, dass ein gesundes Kind durch die Verwendung einer Alltagsmaske stirbt.
Aber warum atmet man mit Mund-Nasen-Schutz schlechter? Eine Maske stellt allgemein einen Widerstand für die Atmung dar. Dadurch erhöhe sich die Atemanstrengung, und das Gehirn könne eine Luftnot melden, erklärte Dellweg.
Im Gegensatz zu den medizinischen Masken gibt es bei Stoffmasken, die in der Regel selbst hergestellt werden, keine Norm für die Durchlässigkeit. Dellweg rät zu einer «sehr gut durchatembaren» Maske für den Nachwuchs. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie empfiehlt zudem für Kinder Masken, die eng am Gesicht anliegen und möglichst wenig Raum bieten, in dem sich Luft sammelt, die nicht ausgetauscht wird.
Allgemein gilt für Kinder, die noch nicht das Grundschulalter erreicht haben, eine «Kann-Empfehlung» für Masken, erklärt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Bei Kindern, die aufgrund einer Erkrankung in ihrer Herz- oder Lungenfunktion eingeschränkt sind, sei eine Nutzung der Maske individuell mit dem Arzt abzuklären. Säuglinge sollten der Empfehlung zufolge grundsätzlich keine Maske tragen.
Aus Gründen der Pietät verzichtet dpa in diesem Faktencheck auf Links zu Beiträgen mit der Falschbehauptung in sozialen Medien.
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Links:
dpa-Faktencheck zu angeblichen Todesfällen: https://dpa-factchecking.com/germany/201005-99-829014/
§ 159 Strafprozessordnung: https://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__159.html
§ 4 Niedersächsisches Bestattungsgesetz: http://www.voris.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsvorisprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-BestattGND2005V2P4
Maskenempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ): https://www.dgkj.de/fileadmin/user_upload/Meldungen_2020/200504_DGKJ_Maskenempfehlung_aktualisiert.pdf (archiviert: http://dpaq.de/JfiR0)
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie zu Mund-Nasen-Bedeckungen: https://pneumologie.de/fileadmin/user_upload/COVID-19/2020-05-08_DGP_Masken.pdf#page=4 (archiviert: http://dpaq.de/q52zh)
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