Datenspende-App von Anfang an zeitlich begrenzt - Corona-Warn-App läuft weiter
8.10.2020, 10:14 (CEST)
Angeblich naht das Ende der Corona-App. «Teuer und unnütz: Corona-App der Bundesregierung wird eingestellt», lautet die Überschrift eines Blogartikels, der sich auf Facebook verbreitet. Weiter heißt es dort: «Ein glatter Flop: bei der Vorstellung im Juni konnte sich die Bundesregierung nicht überschwenglich (sic!) genug über ihre Corona-Daten-App äußern. Doch ein Vierteljahr später zeigt sich: die App ist ihr Geld nicht wert.»
BEWERTUNG: Die Meldung ist irreführend. Die Corona-Warn-App der Bundesregierung, die der Kontaktverfolgung dient, wird es weiterhin geben. Eingestellt wird Ende des Jahres voraussichtlich die Datenspende-App des Robert Koch-Instituts, bei der Nutzer freiwillig ihre Fitness-Daten zu Forschungszwecken teilen konnten. Die begrenzte Laufzeit des Projekts stand von Anfang an fest.
FAKTEN: Das Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte die Datenspende-App bereits Anfang April. Sie ist dafür gedacht, dass Besitzer von Fitness-Armbändern und Computeruhren freiwillig mit dem RKI Daten über ihren Ruhepuls, ihren Schlaf oder ihre tägliche Bewegung teilen. An Veränderungen dieser Daten hoffte das RKI, typische Symptome von Covid-19 wie Fieber erkennen zu können. Das sollte dabei helfen, Infektionsschwerpunkte besser zu verstehen.
Die Datenspende-App des RKI hat also einen ganz anderen Zweck als die im Juni vorgestellte Corona-Warn-App der Bundesregierung. Diese soll das Nachverfolgen von Infektionen erleichtern. Dafür kann die App messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind, und sie kann warnen, wenn man einer infizierten Person begegnete. Wie sich die Bundesregierung bei der Vorstellung im Juni über die App geäußert hat, steht also in keinerlei Zusammenhang mit der Datenspende-App.
Der Blogartikel über das baldige Ende der Datenspende-App bezieht sich auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag. Darin heißt es tatsächlich: «Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Corona-Datenspende-App und die wissenschaftliche Auswertung der Daten ein Projekt, das zum 31. Dezember 2020 endet.» Die Bundesregierung weist zudem darauf hin, dass die Datenauswertung schwierig sei: «Da nur die allerwenigsten Spenderinnen und Spender jeden Tag und ohne Unterbrechung Daten spenden, sind die meisten Zeitreihen lückenhaft.»
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur bestätigte das für die App verantwortliche RKI, dass die Laufzeit des Projekts von Anfang an so festgelegt war. Grund dafür seien haushaltsrechtliche Vorgaben gewesen, und dass im Frühjahr nicht klar gewesen sei, wie sich die Corona-Pandemie entwickeln würde.
Finanziert wurde die App nach Angaben des RKI bisher durch zweckgebundene «Zuschüsse zur Bekämpfung des Ausbruchs des neuen Coronavirus» des Bundesgesundheitsministeriums. «Momentan wird geprüft, ob und aus welchen Mitteln das Projekt fortgesetzt werden wird», teilte ein RKI-Sprecherin mit. Der Bundesregierung zufolge kostet der Betrieb der App monatlich 81 000 Euro netto, die Entwicklung kostete rund 133 000 Euro netto.
Die Meldung über Messlücken sowie die fehlende künftige Finanzierung der Datenspende-App erschien kurz zuvor wortgleich im «Spiegel» (Heft 41/2020) - dort jedoch ohne die falsche Behauptung, dass die Corona-App der Bundesregierung eingestellt werde. Auf den «Spiegel» als Quelle verweist der irreführende Blogartikel nicht.
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Links:
Blogartikel mit der falschen Behauptung: https://zuerst.de/2020/10/02/teuer-und-unnuetz-corona-app-der-bundesregierung-wird-eingestellt/ (archiviert: https://archive.vn/r6T0q)
dpa-Bericht über die Corona-Datenspende-App (7. April 2020): https://www.rundschau-online.de/news/politik/rki-will-mit-app-corona-ausbreitung-besser-verstehen-36527388 (archiviert: https://archive.vn/NwoiG)
dpa-Bericht über die Corona-Warn-App (16. Juni 2020): https://www.pnp.de/nachrichten/panorama/Hier-steht-die-offizielle-Corona-Warn-App-zum-Download-bereit-3706957.html (archiviert: https://archive.vn/uAVfc)
Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage der FDP: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/228/1922873.pdf (archiviert: http://dpaq.de/FY959)
«Spiegel»-Inhaltsverzeichnis, Text ist kostenpflichtig: https://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2020-41.html (archiviert: https://archive.vn/kWnPn)
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