Belarus bat um IWF-Kredite in Corona-Krise - keine Bestechung

19.08.2020, 17:11 (CEST)

Im Internet kursiert die Behauptung, die Weltgesundheitsorganisation WHO habe Belarus «bestechen» wollen, um einen Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Land zu erzwingen. Mehr als 900 Millionen Dollar (Stand Mitte August: 755 Mio Euro) solle das Land für diese Zusagen erhalten. WHO und der Internationale Währungsfonds (IWF) hätten das Land damit «erpresst».

BEWERTUNG: Das Gegenteil ist der Fall: Das frühere Weißrussland hatte selbst angesichts der Corona-Krise eine Kredithilfe beim IWF angefordert. In diesem Zusammenhang stimmt ebenfalls nicht, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO über einen derartigen Kredit verhandelt habe.

FAKTEN: Im Frühjahr 2020 hatte Belarus den IWF um einen Kredit gebeten, um die wirschaftlichen Folgen der Corona-Krise zu bewältigen. Es ging dabei um eine Summe in Höhe von bis zu 900 Millionen Dollar, wie mehrere Agenturberichte belegen. Auch die staatliche Nachrichtenagentur von Belarus hatte darüber berichtet.

Die Weltbank - und nicht etwa die WHO - hatte zudem im Mai ein Paket in Höhe von 90 Millionen Euro bewilligt, um in der Corona-Krise das Gesundheitssystem der früheren Sowjetrepublik zu unterstützen.

Belarus hatte im Gegensatz zu anderen Ländern keine umfassenden Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verhängt.

Staatschef Alexander Lukaschenko hatte in der Tat die Bedingungen für einen IWF-Kredit «in Höhe von 940 Millionen Dollar» kritisiert. Auf Videos dieser Ansprache im Sender der staatlichen Nachrichtenagentur Belta ist zu sehen, wie er mit harschen Worten die vermeintlichen Bedingungen ablehnt.

Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Belta sagte Lukaschenko in einer Pressekonferenz vom 19. Juni: «Der IWF fordert nach wie vor Quarantäne, Isolierung, Ausgangssperre. Das ist eine Dummheit. Wir werden nach niemandes Pfeife tanzen.» In diesem Zusammenhang erwähnte er auch die Weltbank - aber nicht die WHO.

Lukaschenko warf den Angaben zufolge den Kreditgebern vor, sie hätten von Belarus verlangt, bei den Maßnahmen gegen das Coronavirus dem Beispiel Italiens zu folgen.

Dass IWF-Kreditprogramme an Bedingungen geknüpft sind, ist nicht neu: In der Euro-Krise zum Beispiel waren auch die Hilfen für Griechenland der Euro-Gruppe mit Sparauflagen für das Land verbunden.

Der IWF ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, ebenso wie die WHO.

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Links:

Beitrag auf Facebook:
https://www.facebook.com/photo.php?fbid=3351354884931219&set=a.506977926035610&type=3 (archiviert: http://archive.vn/NdXBC)

Weiterer Facebook-Beitrag:
https://www.facebook.com/rita.weibel.7/videos/3333917533296529/ (archiviert: http://archive.vn/87QQb)

Weiterer Internet-Beitrag:
https://www.mzwnews.com/politik/lukaschenko-die-who-wollte-uns-bestechen/ (archiviert: http://archive.vn/AYrlW)

Video der Pressekonferenz mit Lukaschenko:
https://www.youtube.com/watch?v=Yh9nLPTE3OU

Bericht Belta über Kreditanfrage Belarus beim IWF: https://eng.belta.by/economics/view/imf-belarus-talks-on-rapid-financing-continue-130585-2020/ (archiviert: http://archive.vn/MAJZO)

Bericht Belta über Lukaschenkos Kritik an Kreditbedigungen:
https://eng.belta.by/president/view/belarus-president-unwilling-to-accept-additional-terms-to-get-foreign-loans-131164-2020/ (archiviert: http://archive.vn/mRxxh)

Mitteilung der Weltbank zum Corona-Hilfe für Belarus:
https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2020/05/22/world-bank-supports-belarus-covid19-response-with-eur90-million-financing (archiviert: http://archive.vn/WOZO4)

Reuters-Meldung zu Belarus/IWF:
https://www.reuters.com/article/us-belarus-imf-funding/belarus-due-to-receive-500-900-million-from-imf-idUSKCN21Y16O (archiviert: http://archive.vn/54s7G)

IWF-Pressebriefing mit Aussage zu Belarus, Fundstelle am Textende:
https://www.imf.org/en/News/Articles/2020/05/21/tr052120-transcript-of-imf-press-briefing (archiviert: http://archive.vn/LVpm3)

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