Theorie über Tötung zweier Polizisten entstellt die Fakten

7.2.2022, 15:55 (CET), letztes Update: 7.2.2022, 16:20 (CET)

Zwei in Rheinland-Pfalz getötete Polizisten haben angeblich viel Zeit mit den späteren Tätern verbracht und dabei auch jede Menge Fehler gemacht. Der Einsatz ergebe keinen Sinn, heißt es in einer «Analyse», die ein deutschsprachiger Nutzer von Belgien aus auf Facebook verbreitet. Die beiden Polizisten seien deshalb «vermutlich» von einem Geheimdienst oder von Kollegen kaltblütig hingerichtet worden. Schließlich sei die Polizei eine «von Freimaurern geführte Verbrecherorganisation».

Bewertung

Die entscheidenden Tatsachenbehauptungen sind falsch. Für die Spekulationen über andere als die bisher bekannten Motive gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Fakten

In dem Post geht es um die Tötung einer 24 Jahre alten Polizeianwärterin und eines 29 Jahre alten Polizisten in der Nacht zum 31. Januar im Kreis Kusel in der Westpfalz. Die beiden hatten in der Nacht ein Fahrzeug kontrolliert, in dessen Laderaum sie gewilderte Tiere fanden. Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft meldeten die Beamten wenig später, dass auf sie geschossen werde. Als zehn Minuten später Verstärkung eintraf, war die Polizistin bereits tot, ihr Kollege nicht mehr ansprechbar. Er starb wenig später.

In dem Facebook-Post wird unter Hinweis auf ein Video von der Pressekonferenz der Polizei und der Staatsanwaltschaft vom 1. Februar 2022 behauptet, die beiden Polizisten hätten von 19:30 bis 20:17 Uhr «sage und schreibe 47 Minuten lang Funkverkehr zur Zentrale» gehabt. Und zwar ohne die Identität der vermeintlichen Täter über Funk weiterzugeben, «obwohl das ja immer so gemacht wird, um die Personen zu überprüfen». Die Polizisten hätten danach von 20:17 bis 21:08 Uhr «gefunkt, dass die Täter schießen! Also 51 Minuten lang». Trotz dieser langen Zeit sei keine Verstärkung gekommen, obwohl zwei Funkstreifen in der Nähe waren.

Tatsächlich war der Zeitablauf ein völlig anderer. Allerdings trifft es zu, dass in dem Video der Pressekonferenz der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Westpfalz, Heiner Schmolzi, zunächst irrtümlich eine falsche Zeitangabe macht. Er sagt, von 19:32 bis 20:17 Uhr hätten die Beamten per Funk durchgegeben, dass sie «dubiose Personen» festgestellt und Wildtiere im Laderaum gefunden hätten (Minute 7:32). In einem zweiten Funkspruch von 20:17 Uhr bis 21:08 Uhr hätten die Beamten mitgeteilt, dass sie beschossen würden und schnell Unterstützung brauchten.

Wegen dieser Zeitangabe galt die erste Frage in der Pressekonferenz (Videominute 20:30) dem Zeitablauf. Daraufhin sagte Schmolzi, er habe nur Minuten und Sekunden ganz genau angegeben. Der erste Funkspruch habe von 4:19:32 Uhr bis 4:20:17 Uhr gedauert, der zweite von 4:20:17 Uhr bis 4:21:08 Uhr. Schmolzis Frage «Kam das falsch an?» wurde von den anwesenden Journalisten bejaht, woraufhin sich Schmolzi entschuldigte.

Der Facebook-Post mit der angeblichen «Analyse» übergeht diese Korrektur völlig. Dadurch wird aus den beiden unmittelbar aufeinanderfolgenden Funksprüchen mit einer Gesamtdauer von knapp anderthalb Minuten ein Zeitraum von insgesamt 98 Minuten. Aus dem Facebook-Post geht nicht hervor, warum die Präzisierung der Zeitangabe nicht berücksichtigt wurde, die während der Pressekonferenz innerhalb von 7 Minuten erfolgte, sobald der Polizei-Vizepräsident von einer Journalistin auf den vermeintlichen Widerspruch zu vorherigen Polizeiangaben aufmerksam gemacht wurde.

In dem Post heißt es, «trotz regelmäßigen Schießtrainings» habe keiner von 14 Schüssen, die der Polizist abgab, getroffen. Der mutmaßliche Täter, dessen Personalausweis und Führerschein am Tatort gefunden worden, habe diesen wohl «extra liegen lassen, damit man ihn schnell ermitteln kann». Dies alles widerspreche «jeglicher Logik». Tatsächlich gibt es bisher keine genauen Angaben über den Ablauf der Geschehnisse. Einer der beiden mutmaßlichen Täter hat gestanden, bei dem Schusswechsel dabei gewesen zu sein – er selbst habe aber keine Schüsse abgegeben.

Der Verfasser kommt gleichwohl zum Schluss: «Vermutlich wurden die beiden Polizisten entweder vom Geheimdienst oder von Kollegen kaltblütig hingerichtet. Ich darf daran erinnern das (sic) die Polizei eine von Freimaurern geführte Verbrecherorganisation ist, auch wenn das vielen Polizisten sicher nicht bewusst ist.» Für die Richtigkeit dieser Vermutungen gibt es keinerlei Hinweis.

(Stand: 07.02.2022)

Links

Facebook-Post, archiviert

Video Pressekonferenz, archiviert

Über die Festgenommenen, archiviert

Aussage eines Festgenommenen, archiviert

Über Freimaurer, archiviert

Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: factcheck-belgium@dpa.com