Verfälschtes Zitat zur Ukraine
Frederiksen warnte vor brüchiger Friedenslösung
20.3.2025, 18:10 (CET)
US-Präsident Donald Trump drängt auf eine schnelle Lösung für den Krieg in der Ukraine. Verhandlungen mit Russland und der Ukraine sollen zu einem Waffenstillstand führen. Die EU ist dabei vorerst nicht involviert, will sich aber ebenfalls einbringen. In sozialen Medien empören sich Nutzende über ein Video, in dem Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen zu sehen ist. «Der Frieden in der Ukraine ist gefährlicher als der andauernde Krieg», soll sie gesagt haben. Doch stimmt das?
Bewertung
Der Satz kommt in dem Video nicht vor und ist laut Frederiksens Büro nie gefallen. Die dänische Ministerpräsidentin äußerte sich mehrfach kritisch über einen möglichen Waffenstillstand zu Bedingungen, die es Russland ermöglichen, weitere Staaten anzugreifen.
Fakten
Das vermeintliche Zitat der dänischen Ministerpräsidentin wird oft gemeinsam mit einem Videoausschnitt eines Interviews gepostet. Darin kommt der Satz allerdings nicht vor. Das Büro der Ministerpräsidentin teilte auf dpa-Anfrage telefonisch mit, dass das Zitat im Wortlaut nie gefallen sei.
Das Video stammt von einer informellen Klausur der Staats- und Regierungschefs der EU Anfang Februar in Brüssel. Auch NATO-Generalsekretär Mark Rutte und der britische Premier Keir Starmer nahmen teil. Es ging um die Aufrüstung Europas aufgrund aktueller Bedrohungen.
Aussage nicht im angehängten Video
Frederiksen sprach bei ihrer Ankunft mit Medien und betonte (auf Englisch) ihre Unterstützung für die Ukraine (ab Minute 4:05). Übersetzt klingt das so: «Meine Vorstellung von der Ukraine ist die gleiche wie in den letzten drei Jahren: Sie muss diesen Krieg gewinnen.»
Laut Frederiksen würde Russland, sollte es siegen, seine Aggression fortsetzen. «Und vielleicht werden wir ihnen sogar eine bessere Situation als heute verschaffen. Denn wenn wir diesen Krieg jetzt mit einer Art eingefrorenem Konflikt, einem Waffenstillstand beenden, wird das Russland die Möglichkeit geben, nach Russland zurückzukehren, um mehr Mittel und Menschen zu mobilisieren und vielleicht ein anderes Land in Europa anzugreifen», sagte sie.
Warnung vor russischen Bedingungen
Die Regierungschefin Dänemarks warnte also vor einem Waffenstillstand nach russischen Vorstellungen. Russland hat unter anderem den europäischen Ländern immer wieder vorgeworfen, die Auseinandersetzung durch Hilfen für die Ukraine nur zu verlängern. Als Bedingung für mögliche Friedensverhandlungen wurde etwa die dauerhafte Kontrolle über besetzte Gebiete genannt.
Diese Forderungen lehnt Frederiksen zwar ab, gegen einen nachhaltigen Frieden sprach sie sich jedoch nicht aus. Im Gegenteil: Ohne einen nachhaltigen Frieden stelle ein Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland eine Gefahr für uns alle dar, führte sie Ende Februar erneut aus.
Auch auf Frederiksens offiziellen Kanälen (Website, X) findet sich das vermeintliche Zitat nicht. Eine Internetsuche zeigt, dass seriöse Quellen nur das vollständige Zitat samt Kontext verwenden.
Aussagen Frederiksens aus dem Kontext gerissen
Am 23. Februar sagte sie zum öffentlich-rechtlichen Sender DR (ab Minute 25:20): «Ich verstehe gut, dass viele Leute denken: Oh, eine Friedenslösung, klingt das nach einer guten Idee? Oder: Eine Waffenruhe, klingt das schön im eigenen Ohr? Aber wir riskieren, dass der Frieden in der Ukraine in Wirklichkeit gefährlicher ist als der Krieg, der im Gange ist.»
Im verbreiteten Zitat wird daraus die absolute Aussage, Frieden sei «gefährlicher» als Krieg. Der dänischen Ministerpräsidentin wird somit unterstellt, grundsätzlich gegen eine Lösung des Konflikts zu sein. Doch hier fehlt wichtiger Kontext.
(Stand: 18.3.2025)
Links
Posting mit verfälschtem Zitat (archiviert)
DR-Sendung mit Interview (archiviert, Login nötig)
Website der dänischen Ministerpräsidentin (archiviert)
X-Account der dänischen Ministerpräsidentin (archiviert)
Bing-Suche nach dem vermeintlichen Zitat (archiviert)
DR-Bericht zur Ukraine-Hilfe (archiviert)
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