EU-Aufrüstungspaket

Annalena Baerbock sprach nicht von 700 Milliarden Euro für die Ukraine

5.3.2025, 17:04 (CET)

Es ist geplant, die EU-Ausgaben für Verteidigung und die Ukraine aufzustocken. Falsch ist aber, dass die deutsche Außenministerin Baerbock die konkrete Summe von 700 Milliarden Euro dafür genannt hat.

Die EU diskutiert über einen Plan zur Erhöhung der Ausgaben für Verteidigung - und der Militärhilfe für die Ukraine. Schon seit Mitte Februar wird in sozialen Medien über enorme Summen gesprochen, um die es dabei gehen soll. Angeblich soll die deutsche Außenministerin eine solche Summe nahegelegt habe: «Baerbock: Nach Wahlsonntag fließen 700 Milliarden Euro in die Ukraine», schreibt etwa «OE24», wovon sich ein Screenshot auf Facebook verbreitet. Auch ein Video, das auf Facebook kursiert, verbreitet die Information, dass «Baerbock 700 Milliarden verspricht».

Bewertung 

Fehlinterpretation. Die deutsche Außenministerin hat die angebliche Summe von 700 Milliarden nicht selbst genannt. Die Zahl basiert allein auf einer Schätzung eines weiteren Medienberichts. 

Fakten 

Der Bericht von «OE24» schreibt, dass Annalena Baerbock am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz Mitte Februar «ziemlich klare Andeutungen» gemacht habe: «Die Ministerin meinte, es könnte um etwa 700 Milliarden Euro gehen, berichtet die Berliner Zeitung».

Die Quelle für die Zahl von 700 Milliarden Euro soll also die «Berliner Zeitung» sein. In deren Artikel vom 17. Februar heißt es: «Baerbock verplappert sich: Nach der Wahl Milliarden für Ukraine». Doch ein Zitat, in dem Baerbock die genaue Summe von 700 Milliarden für die Ukraine nennt, findet sich auch hier nicht.

Die «Berliner Zeitung» schreibt: «Baerbock ließ durchblicken, dass es um etwa 700 Milliarden Euro gehen könnte». Dazu wird auf einen Satz verwiesen, den Baerbock der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte: «Ähnlich wie beim Euro oder der Coronakrise gibt es jetzt ein Finanzpaket für die Sicherheit in Europa. Das wird in naher Zukunft kommen.» Hier geht es allerdings um Verteidigungskosten der EU insgesamt, nicht nur um Ukraine-Hilfen.

Auswärtiges Amt: Baerbock nahm keine konkrete Zahl in den Mund

Der Autor der «Berliner Zeitung» hat also auf Basis von Baerbocks Vergleich mit einem Finanzpaket wie zu Zeiten der Coronakrise selbst geschätzt, dass es um eine Größenordnung von 700 Milliarden Euro gehen könnte - die Corona-Wiederaufbauhilfen betrugen 724 Milliarden Euro über sechs Jahre als Darlehen oder direkte Finanzhilfen. Dass es sich um eine Schätzung handele, bestätige der Autor auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Das Auswärtige Amt in Berlin stellte zwei Tage später klar, dass es «sicherlich auch um Zahlen in dieser Größenordnung» gehe, aber die Ministerin «keine konkrete Zahl in den Mund genommen» habe. Auch gebe es in keinem dem Amt bekannten Forum bisher eine Einigkeit über eine etwaige Finanzierung.

Das Narrativ wurde dennoch in den sozialen Medien verbreitet, darunter auch von der rechtspopulistischen FPÖ (zum Beispiel hier und hier). 

Nach der deutschen Bundestagswahl und mehr als zwei Wochen nach den Spekulationen in sozialen Medien steht weiterhin nicht fest, wie viel Geld die EU zusätzlich in ihre Verteidigung investieren will - und wie viel davon in Ukraine-Hilfen fließen soll.

Umfang des Verteidigungspakets noch nicht final festgelegt

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen Plan vorgeschlagen, um die Verteidigungsausgaben in Europa massiv zu erhöhen. Insgesamt könne Europa so nahezu 800 Milliarden Euro mobilisieren, sagte von der Leyen am 4. März in Brüssel.

Ein Teil davon: Mit einem neuen Fonds in Höhe von 150 Milliarden Euro sollen die 27 EU-Mitglieder über fünf Jahre mit Krediten bei Investitionen in die nationale Verteidigung unterstützt werden, berichtete «ORF online». Darunter sollen auch Militärhilfen für die Ukraine fallen. 

Am Donnerstag, 6. März, wollen die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Sondergipfel zur Ukraine unter anderem darüber beraten, wie man die europäische Rüstungsindustrie weiter hochfahren kann. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump verkündet, die Militärhilfen für die Ukraine vorerst einzustellen.

(Stand: 5.3.2024)

Links

Facebook-Posting 1 (archiviert)

Facebook-Posting 2 (archiviert)

Geteiltes Youtube-Video (archiviert

Facebook-Posting 3 (archiviert)

Facebook-Posting 4 (archiviert)

Bericht von «OE24.at» (archiviert

Bloomberg-Meldung (archiviert

Artikel der «Berliner  Zeitung» (archiviert

Stellungnahme Auswärtiges Amt (archiviert

FPÖ-Facebook-Posting (archiviert) (Video archiviert

Facebook-Posting von FPÖ-Chef Herbert Kickl (archiviert

«Nachrichten»-Artikel (archiviert

Bericht von «ORF Online» (archiviert

Bericht von «Politico» (archiviert)  

Artikel von «Die Presse» (archiviert)

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